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Einige Pflanzen stechen regelrecht aus der Landschaft hervor. Sie sind bereits aus einiger Entfernung sichtbar und leicht zu erkennen. Zumindest bis zur Gattungsebene. Für die richtite Artansprache braucht es mitunter jede Menge Erfahrung und einen Blick für Details. Bei dem Kleinfrüchtigen Leindotter (Camelina microcarpa) verhält es sich nicht anders.
Camelina microcarpa ist eine einjährige krautige Pflanze, welche Wuchshöhen von 30 bis 120 cm erreichen kann. Der Stängel verzweigt sich im oberen Drittel im spitzen Winkel mit aufrecht stehenden Seitentrieben und ist im Gegensatz zu den anderen Arten dieser Gattung dichter behaart. Ebendiese Behaarung ist auch ein gut geeignetes Bestimmungsmerkmal, wobei hierbei mehrere INdividuen betrachtet werden sollten. Die wechselständigen und spiralig am Stängel angeordneten Laubblätter sind lanzettlich und unterscheiden sich ebenfalls von den anderen Arten der Gattung Camelina. Die Wurzel ist dünn und spindelförmig.
Der Kleinfrüchtige Leindotter bildet von Mai bis Juli traubige Blütenstände. Auf 4 bis 8 mm langen Stielen sitzen zwittrige, vierzählige Blüten. Die vier Kronblätter sind meist hell- bis dunkelgelb. Durch eine besondere Anatomie der sechs Staubgefäße und der Narbe erfolgt beim Leindotter meist Selbstbefruchtung.
Die Blüten sind unscheinbare „nektarführende Scheibenblumen“. Die Bestäubung erfolgt durch Bienen sowie durch spontane Selbstbestäubung. Blütezeit ist von Mai bis August. Die hartschaligen Schötchen sind Wind- und Tierstreuer. Die Samen tragen im feuchten Zustand eine Schleimhülle, die der Klebausbreitung durch Bodenhaftung bei dieser ehemaligen Steppenpflanze auch hemmend entgegensteht. Dazu erfolgt eine Menschenausbreitung als Agrikulturrelikt. Die Samen haben 30–35 % fettes Öl und sind nur 1–2 Jahre keimfähig. Die Fruchtreife der Art beginnt ab Juni.
Die Arten der Gattung Camelina stellen eine sehr alte Nutzpflanze dar, deren Nutzungsgeschichte bis in die neolithische Zeit zurückgeht. Vor allem aus der Bronze- und der frühen Eisenzeit liegen zahlreiche Funde aus dem östlichen und südlichen Europa vor, die auf die Nutzung dieser Pflanze deuten. Bis etwa 500 nach Christus war der Anbau und die Nutzung in Reinkultur weitverbreitet, ging danach jedoch stark zurück und spielt heute nur noch in Osteuropa eine gewisse Rolle.
Wie beim Raps gibt es beim Leindotter sowohl Winter- als auch Sommerzuchtformen. Er wird wie Öllein extensiv bewirtschaftet. Die in Mitteleuropa übliche Sommerform wird im März bis April ausgesät und im Juli geerntet. Sie ist tolerant gegenüber Trockenheit und Frosteinbrüchen und ist in der Bodenwahl sehr anspruchslos. Mit einer Vegetationsphase von nur 120 Tagen kann Leindotter auch als Zwischenfrucht verwendet werden. In den letzten Jahren wurden zudem Untersuchungen mit Leindotter in Mischkultur mit Getreide durchgeführt. Als extensive Kulturpflanze und durch seine Eignung zum Anbau in Artenmischungen ist Leindotter für den ökologischen Landbau interessant.
Die Samen wurden traditionell vor allem im Ernährungsbereich genutzt. Sie dienten gemeinsam mit Leinsamen und Weizen als wichtige Zutaten für Brot und Getreidebrei. Die Stängel werden bis heute in geringen Mengen zur Papierproduktion verwendet.
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