Thomas Engst

Durch die warmen, fast schon frühlingshaften Temperaturen der letzten Tage angestachelt, nimmt die Vegetation langsam Fahrt auf und somit stehen immer mehr Frühblüher in den Startlöchern. Ein solcher Frühblüher ist das Leberblümchen (Hepatica nobilis). Diese Art hat mich völlig überrumpelt als ich sie gestern gesehen habe. Gewöhnlich taucht H. nobilis erst Mitte März an den mir bekannten Standorten auf.

Der Gattungsname Hepatica wie auch der deutsche Trivialname beziehen sich auf die Gestalt der Laubblätter. Die Laubblätter erinnern im Umriss an die Form der menschlichen Leber und begründeten früher den Glauben an die Heilkraft bei Leberleiden. Nun aber zu den vegetativen Merkmalen. Das Leberblümchen ist eine überwinternd grüne, ausdauernde, krautige Pflanze, die Wuchshöhe von 10 bis 25 Zentimetern erreichen kann. Es übersteht den Winter mit sogenannten Überdauerungsknospen, die sich unmittelbar an der Erdoberfläche in den Blattachseln und im Schutz der überdauernden Blätter befinden und gehört deshalb zu den wintergrünen Hemikryptophyten. H. nobilis besitzt ein kurzes, schräg im Boden liegendes, dunkelbraunes Rhizom, welches mit schuppenförmigen Niederblättern besetzt ist. Die Wurzeln des Leberblümchens reichen bis zu 30 Zentimeter tief ins Erdreich.

Hepatica nobilis

Die behaarten, rötlich-braunen Blütenstandsschäfte von Hepatica nobilis wachsen aufrecht. Beinahe direkt über den drei kelchförmigen, grünen Hochblättern, die die Blütenknospen schützend umhüllen und damit die Schutzfunktion des fehlenden Kelchs übernehmen, sitzen die langgestielten Blüten. Die endständigen Blüten sind zwittrig, radiärsymmetrisch und besitzen einen Durchmesser von 15 bis 30 mm. Die sechs bis neun gleich gestalteten Blütenhüllblätter sind blau bis blauviolett gefärbt, selten kommen Exemplare mit weißer oder purpurfarbener Blütenhülle vor. Die blaue Farbe wird durch den Anthocyanfarbstoff Cyanidin erzeugt. Ein Kreis weißlicher Staubblätter umgibt das Blütenzentrum und sorgt für einen markanten Akzent in der Farbgebung der Blüte. Im Blütenzentrum befinden sich zahlreiche freie Fruchtblätter. Sie sind grün gefärbt, länglich geformt und besitzen eine kopfige Narbe.

Die Blütezeit erstreckt sich von März bis April, womit das Leberblümchen zu den im Frühling am frühesten blühenden Pflanzen gehört. Bei Regenwetter und am Abend schließen sich die Blüten. Die häufige Öffnung erfolgt durch Wachstumsbewegungen der Blütenhüllblätter, wodurch diese sich täglich etwas verlängern und während der Gesamtblütezeit auf etwa das Doppelte der ursprünglichen Größe anwachsen.

Hepatica nobilis

Das Areal des Leberblümchens ist durch große Verbreitungslücken gekennzeichnet (disjunktes Areal). Sein Verbreitungsschwerpunkt liegt in den Laubwäldern der Nordhalbkugel. In Europa, Ostasien und Nordamerika bildet es unterschiedliche geographische Rassen aus. Eine vollständige illustrierte Übersicht der Varietäten des Leberblümchens und deren Verbreitung ist hier zu finden. Das Leberblümchen ist nach der Bundesartenschutzverordnung (BArtSchV) in Deutschland „besonders geschützt“ und darf daher weder gepflückt noch ausgegraben werden. Die Exemplare, welche ihr häufig in Gärten und Parks sehen könnt, gehen allesamt auf Züchtungen zurück und entsprechen nicht der Wildform. Seit dem 15. Jahrhundert dient Hepatica nobilis als beliebte Garten- und Zierpflanze und verschönert seitdem Siedlungsräume und Grünanlagen.

Hepatica nobilis