Stefanie Weigelmeier

von Stefanie Weigelmeier. –

Zwar habe ich hier im letzten Jahr schon darüber geschrieben, aber da der Trend zum Schottergarten weiter anhält, scheint es mir nicht verkehrt, das Thema nochmal aufzugreifen. Der Frühling kommt und Gärten wollen beplant werden. Die Barnie Geröllheimers gehören zwar vermutlich nicht zu unseren Leser:innen, aber wenn Du solche Nachbarn hast, oder dir dein:e Kolleg:in von solchen Plänen erzählt, habe ich hier eine Buchempfehlung für dich. Es eignet sich als Geschenk (Sag‘ es durch die Blume und setz‘ dich nicht selbst in die Nesseln.) oder auch zur eigenen Erbauung.

Wie bei vielen Dingen, so läuft es auf den ersten Blick auch hier: entweder ist man für die Steinwüste oder dagegen. Das Buch „Der Kies muss weg!“ von Tjards Wendebourg ist klar dagegen, das zeigt schon das Ausrufezeichen im Buchtitel. Der Untertitel lautet: gegen die Verschotterung unserer Vorgärten. Schnell wird klar, dass hier einer aus einer persönlichen Überzeugung, ja mit einem dringenden Sendebedürfnis geschrieben hat.
Der Grund ist leider überall sichtbar: der Trend der Jetztzeit in der Vorgartengestaltung zum „pflegeleichten Baumarktgarten mit Gabionen“. In die passenden Metall-Stabmattenzäune können fotokaschierten Plastikplanen eingefädelt werden, auch denen – ja! Steine aufgedruckt sind. Der Garten hinter dem Haus sieht, wenn überhaupt vorhanden, meist nicht besser aus, zumindest, wenn man keine gesteigerte Vorliebe für Grautöne hat, sich nicht von Pollen, Nektar oder anderen Insekten ernährt und den steigenden sommerlichen Temperaturen lieber eine Klimaanlage als ein milderndes, sauerstoffproduzierendes Grün im Außenbereich entgegensetzt.

Das vorliegende Buch ist nicht das Erste und nicht das Einzige, dass sich diesem Thema widmet, aber es ist das humorvoll feinsinnigste und es vergisst auch nicht, neben Foppen, Anprangern und Aufklären, wirklich brauchbare Alternativen zur Gartengestaltung aufzuzeigen.

Pflegeleicht?! Acht von zehn Gärtner:innen glauben, dass Schottergärten pflegleichter seien und „beraten“ dem entsprechend. Kein Unkrautzupfen? Das stimmt aber nur für die ersten Jahre. Sobald die ersten Pioniergehölze anfliegen und die absperrende Folie durchbrochen wird, ist‘s dahin mit der sterilen Monotonie, in der sich die Zigarettenkippen fangen. Schottergärten wirken sich nachteilig auf das Mikroklima aus. Die Teerstraße hält die Hitze eines Sommertages noch lange vor. Genauso ist dies bei Schottergärten, egal ob schwarz oder weiß. Die Hitze wird in der Nacht nur langsam abgegeben, so bleibt die Temperatur Tag wie Nacht auf einem sehr hohen Stand. Nebenbei bemerkt kann in einem Schottergarten dank der Vliesabdeckung kein Regenwasser mehr versickern (Stichwort Retentionsflächen). Die Kanalisation wird bei Starkregenereignissen überlastet und für die Hausbesitzer fallen entsprechend Gebühren an.

Tjards Wendebourg schlägt den Bogen hin zum Kiesgarten, wertvoll für die Biodiversität, optisch ansprechend und mit den passenden Stauden auch passend für den trockenen Sommer. Allerdings wartet hier kein verwilderter Ökogarten auf, sondern gestalterisch hochwertige Kompositionen mit Blühaspekten über das ganze Jahr und ansprechender Herbstfärbung des Laubes.

Der Autor lädt außerdem durchaus zum Aktivismus ein. Versteckt im Text findet sich eine Saatgut-Empfehlung für Seed-Bombs, zu Deutsch: Samen-Bomben, also mit lehmiger Erde vermengte Pflanzensamen, zusammengedrückt zu einer mehr oder weniger festen Kugel, die schwupps, im Vorbeigehen in leblose Vorgärten, Grünflächen, Verkehrsinseln, … geworfen werden können. Die Bomben platzen auf, die Erde bietet den Samen hoffentlich einen guten Vorschub aufzulaufen. In der rückwärtigen Klappbroschur findet sich eine Postkarte, die man im www auch als Download findet.

Das Layout ist klar, ansprechend und bringt den Inhalt gut zur Geltung. Die Sprache ist einfach zu verstehen, flüssig zu lesen und der Humor unterstreicht den Ernst der Lage. Weder ökologisches, gärtnerisches oder technisches Vorwissen sind nötig, um das Buch zu verstehen, Tjards Wendebourg holt die Lesenden dort ab, wo sie stehen und zeigt nicht nur Alternativen zum „Garten des Grauens“ auf, sondern weiß es auch, Planungsfehler durch fachliche Beratung zu verhindern.

Wenn es also im Frühjahr wieder los geht und in der Nachbarschaft, bei Freunden, Bekannten oder im Kollegenkreis eine Umgestaltung zur Schotterwüste bekannt wird – dann ist dieses Büchlein vielleicht das beste Geschenk, das zu Umdenken und Aufklärung hilft. Außerdem kann dieses Büchlein unterhaltsame Aufklärungslektüre sein für: Stadtplanerinnen und Mitarbeiter von Baubehörden, Gärtner und Architektinnen, unerfahrene Haus- und Gartenbesitzer und für Bauhof und Gemeinderat.
Ich wünsche dem Büchlein viel Erfolg, damit es in Zukunft wieder summt, piepst und zirpt, wo es sonst nur knirscht und staubt.

Das Büchlein im DIN A5-Format ist bereits im März 2020 im Ulmer-Verlag erschienen. Auf 96 Seiten reich bebildert mit 100 Farbphotos. ISBN  978-3-8186-1045-6. Für 12,95€ natürlich im örtlichen Buchhandel erhältlich.