Thomas Engst

Jedes Jahr um die Sommerzeit bemerke ich den schlechten Zustand der Rosskastanien (Aesculus hippocastanum). In der Hochzeit der Vegetationsphase färbt sich das Blattwerk dieser Bäume bereits bräunlich ein und sorgt für herbstliche Tupfer im ansonsten noch sommerlichen Wald. Vielerorts wird der steigende Schadstoffgehalt der Luft dafür verantwortlich gemacht und sicherlich wird dies auch einen Teil dazu beitragen. Im Falle der Gewöhnlichen Rosskastanie liegt die Ursache aber an anderer Stelle.

Miniermotte – Schädling auf dem Vormarsch

Die kreisrunden Flecken auf dem Laub der Rosskastanie sind das Werk eines Kleinschmetterlings. Der Rosskastanienminirmotte (Cameraria ohridella). Die Raupen und Puppen entwickeln sich fast ausschließlich in den Blättern der weißblühenden Gewöhnlichen Rosskastanie und haben durch die extrem schnelle Verbreitung von ihrem Ursprungsgebiet in inzwischen fast alle Gebiete Europas hinein großes öffentliches und publizistisches Aufsehen erregt. Erstmalig nachgewiesen wurde die Art 1984 im nordwestlichen Mazedonien. Bereits fünf Jahre später konnte sie in Österreich nachgewiesen werden. Ihre extrem schnelle Vermehrung ist dadurch zu erklären, dass die Art in Mitteleuropa nur wenige natürliche Feinde hat bzw. dass sich mögliche Fressfeinde diese neue Nische noch nicht erschlossen haben. Über die Herkunft bzw. das Ursprungsland der Miniermotte wurde zunächst heftig debattiert, da die meisten nahe verwandten Arten ausschließlich in Nordamerika vorkommen. Später stellte sich heraus, dass die Art in Albanien ihren Ursprung hat. In den dortigen Schluchten und Tälern hat die Gewöhnliche Rosskastanie ihr natürliches Vorkommen.

Durch die Miniermotte befallene Gewöhnliche Rosskastanie.

Durch die Miniermotte befallene Gewöhnliche Rosskastanie.

Kleiner Schmetterling –  große Wirkung

Ein Befall durch diese Art der Miniermotte hat gravierende Folgen für den betroffenen Baum. Die Fraßgänge (Minen) der Larven führen zu einer schnellen Braunfärbung und damit zum langsamen Welken der Blätter schon im Sommer. Dies führt zu einer Schwächung des Baumes, da die Photosynthese unterbrochen wird. Die Bäume können weniger Nährstoffe aufnehmen. Sie verlieren auch ihre ästhetische Qualität, zumindest Monate früher als ohne Befall durch die Rosskastanienminiermotte. Daraufhin kommt es im späteren Verlauf zu einem erneuten Austreiben der Blätter. Ob die Bäume diesem doppelten Kraftaufwand pro Jahr gewachsen sind muss sich zeigen. Bisher sind noch keine Fälle von abgestorbenen Bäumen bekannt, allerdings existieren auch noch keine Langzeiterkenntnisse über deutlich mehr als 20 Jahre.

Durch die Miniermotte befallenes Blatt der Gewöhnliche Rosskastanie.

Durch die Miniermotte befallenes Blatt der Gewöhnliche Rosskastanie.