Thomas Engst

Als ich heute Morgen meine Runde durch die Sozialen Netzwerke drehte, schien es in meiner Filterblase nur zwei Themen zu geben. Insektensterben und den Rückgang von Brutvögeln. Aktuell herrscht eine rege Aufregung und Entrüstung über ein Thema, welches bereits seit Jahren von unterschiedlichen Naturschützern angemahnt wird und dennoch wird in wenigen Tagen kein Hahn mehr danach krähen.

Eine schleichende Entwicklung

Das Problem des Artenverlustes ist kein neues Problem. Seit Jahren stirbt uns gerade im Offenland die Biodiversität unter den Händen weg. Alle Schutzbemühungen und wohlklingenden Rufe nach mehr Naturschutzgebieten und Wildnis in Deutschland sind der blanke Hohn. Mittlerweile haben wir die Situation für wenige Spezialisten unter den Tieren und Pflanzen gut im Griff, sofern sie sich in Großschutzgebieten aufhalten.

Vollkommen vergessen werden allerdings Arten der freien Landschaft. Grünland und Äcker sind die Massengräber der Artenvielfalt. Bauern der intensiven Landwirtschaft scheren sich keinen Deut um Feldhamster, Feldlerche, Roter Mohn und Co. Vorschläge zu pestizidfreien Ackerrandstreifen zum Schutze der Ackerwildkräuter, Lerchenfenster oder feldhamsterfreundliche Bewirtschaftung werden  vom Tisch gewischt und mitleidig belächelt.

Dabei sind all diese Maßnahmen kein Hexenwerk. Problem dabei, eine Umstellung der Wirtschaftsweise. Als ob das nicht genug wäre, stellen sich Intensivbauern als die Retter der Biodiversität hin und behaupten, sie sind die eigentlichen Naturschützer. Für extensive Landwirte mag das zutreffen, jenen seien an dieser Stelle ausdrücklich gedankt. Die Zeiten, in denen Landwirtschaft pauschal Artenreichtum hervorbrachte sind längst vorbei.

Der erste Sargnagel war die Flurbereinigung. Hecken, Steinriegel und Knicks wurden aus der Landschaft entfernt und somit auch jede Struktur. Es ist heutzutage einfach, nach Zypern, Malta oder Frankreich zu zeigen und über den Verzehr von Singvögeln zu schimpfen. Durch das Fehlen von Hecken etc. kommen viel mehr Vögel gar nicht erst zur Welt als jemals gegessen werden können. Klar, der Brauch Singvögel zu verzehren gehört ebenfalls abgeschafft.

Der zweite Sargnagel ist die verkappte GAP-Politik der Europäischen Union. Gemeinsame Agrarpolitik klingt zwar schön ist aber der Tod der Biodiversität auf Raten. Hier bekommen Bauern Geld dafür, dass sie Maßnahmen im Sinne des Naturschutzes machen aber eine Erfolgskontrolle findet praktisch nicht statt. Diese verhindern die Bauernverbände vehement.

Ein Umdenken in allen (!) Köpfen ist unabdingbar. Der Landwirt muss seinen Boden wertschätzen und naturverträglich anbauen und Pestizide aus seiner Welt verbannen, der Verbraucher die Arbeit und Mühen der Nahrungsmittelerzeuger bereit sein, einen angemessenen Preis zu zahlen (bei Handys ab 1000€ geht es ja schließlich auch) und die Politik muss in die Pötte kommen und mit dem Naturschutz ernsthafte Maßnahmen erarbeiten und nicht nur das absolute Mindestmaß von dem einhalten, was Experten fordern. Dann hinterlassen wir unseren Kindern auch keine völlig verarmte Welt.