Thomas Engst

Thüringen hat einiges an naturschutzfachlich wertvollen Biotopen zu bieten. Die Naturräume im Freistaat sind unglaublich vielfältig und artenreich. Viele meiner Kollegen pilgern regelrecht in das südlich von Sachsen-Anhalt angrenzende Bundesland um bspw. die Trockenrasen der Bottendorfer Hügel oder im Thüringer Wald die Bergwiesen zu bestaunen. Ein solches Juwel sieht sich derzeit einer argen Bedrohung gegenüber und ist auf den Rückhalt der Bevölkerung angewiesen. Die Rede ist von Thüringens artenreichster Wiese nahe Oberhof im Thüringer Wald.

Die Schuderbachswiese ist mit 5,8 ha eine der größten Bergwiesen in Thüringen und seit den 1990ern ein ausgewiesenes Flächennaturdenkmal. Die Besonderheit der Wiese ist ihre Ausstattung an Arten und Lebensraumtypen. So sind neben einigen Rote-Liste-Arten vor allem die thüringenweit größten Populationen an Bergwohlverleih (Arnika montana), mehr als 10.000 Exemplare (!), und der Grünen Hohlzunge (Coeloglossum viride), in diesem Jahr über 600 Exemplare, zu finden. Des Weiteren ist die Fläche zu 97% von FFH-Lebensraumtypen in bedeckt, allem voran die Berg-Mähwiesen und Borstgrasrasen. Das wurde 2016 von der Umweltfachbehörde in einem Gutachten festgestellt. Der dortige Arbeitskreis Heimische Orchideen e.V. führt seit vielen Jahren auf der Schuderbachswiese ein Orchideenmonitoring durch, welches belegt, dass der Hohlzungen-Bestand kontinuierlich zunimmt. Diese wunderbar ausgestatte Wiese ist in ihrer momentan Ausprägung vor allem der jährlichen (Mahd-)Pflege durch viele Ehrenamtliche zu verdanken und stellt für Oberhof ein landschaftliches Alleinstellungsmerkmal dar.

Arnica montana

Soweit zur aktuellen Situation der Fläche auf der alles so schön sein könnte, wenn man ihren naturschutzfachlichen Wert anerkennen und schätzen würde. Leider ist das aktuell nicht bei allen Leuten in Thüringen so, woraus sich folgende problematische Situation ergibt:

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts befand sich auf der heutigen Schuderbachwiese ein Golfplatz des sogenannten „Herzoglichen Golfclubs Oberhof“. Bis in die 1950er wurde dort Golf gespielt. Zu DDR-Zeiten wurde die Golf-Nutzung untersagt und dann auf der Fläche dann sporadisch beweidet oder gemäht. Seit 1990 wird die Wiese naturschutzfachlich gepflegt und während der Wintermonate für Skischulunterricht genutzt, was der Fläche nicht schadet. So hat sich eine der wenigen Thüringer Bergwiesen entwickelt.

Im letzten Jahrzehnt wurde besagter Golfclub erneut gegründet, mit dem Ziel, den Golfplatz erneut zu bauen und zu nutzen. Da Oberhof auf Grund des Klimawandels mittlerweile nicht mehr als schneesicher gilt, ist man verständlicherweise bemüht, den Wintersportort für den Ganzjahrestourismus attraktiv zu machen. Ausgerechnet mit einem Golfplatz auf einer derart für die Biodiversität wichtigen Fläche.

Klar, nach der Verkündung der Pläne regt sich Widerstand und Teile der Bevölkerung äußern ihren Unmut ob dieses Vorhabens. Ein Golfplatz als Rettungsanker für den schwächelnden und nicht zukunftssicheren Wintersport zu etablieren scheint vielen Bürgerinnen und Bürgern sehr schwachsinnig. Ein paar der Gründe, die jeder Besucher, der schon mal in der Region um Oberhof war, nachvollziehen kann sind u.a.

  • Golf ist kein Breitensport, Naturtourismus hingegen begeistert viele Menschen aus allen Teilen der Gesellschaft
  • In Oberhof sind höchstens 90 Tage im Jahr Sonnentage, sonst dominieren dort Wind, Regen und vor allem Nebel
  • Die Fläche liegt im Trinkwasserschutzgebiet
  • Der nächste bereits gut ausgebaute Golfplatz ist gerade einmal 35 km von Oberhof entfernt und hervorragend an die A4 angebunden

Schuderbachswiese Blick nach Nordosten (©Volker Kögler)

Leider hat der geplante Golfplatz auf der Schuderbachwiese einen prominenten Fürsprecher. Niemand geringeres als Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Die Linke) setzt sich für das geplante Vorhaben ein. Angesichts seiner Parteizugehörigkeit ist das für mich ein absolutes Unding. Als Folge dessen wurde am 27. Mai 2019 beim Petitionsausschuss des Thüringer Landtages eine Petition gestartet, welche die Errichtung eines Golfplatzes auf der Schuderbachswiese verhindern soll.

Die Sammlung der Unterschriften läuft noch eine Woche. In den letzten Tagen wurde die 1.500-Unterschriften-Marke geknackt, was bedeutet, dass eine Öffentliche Anhörung zu der ganzen Sache stattfinden soll. Schon im Vorfeld dieser Petition wurden deutschlandweit über 4.300 Unterschriften für den Erhalt der Schuderbachswiese gesammelt und dem Petitionsausschuss übergeben.

Darüber hinaus verabschiedeten die Thüringer Landesverbände des NABU, AHO und BUND im letzten Jahr eine gemeinsame Resolution für den Schutz der Schuderbachswiese.

Ich möchte euch an dieser Stelle nicht dazu überreden, die noch bis Montag laufende Petition zu unterzeichnen. Ihr würdet mir aber einen großen Gefallen erweisen, wenn ihr euch dazu Gedanken machen und ein Zeichen für den Artenschutz setzen würdet. Gerade in Zeiten eines anhaltenden Insektensterbens sowie eines voranschreitenden Verlustes von Lebensräumen und Habitaten darf so ein Kleinod wie die Schuderbachwiese nicht verschwinden. Angesichts der Tatsache, dass Thüringen eine grüne Umweltministerin hat, sollte sich so eine vertrackte Situation gar nicht einstellen dürfen.

Schuderbachwiese, Blick nach Süden (©Volker Kögler)