Thomas Engst

In der Europäischen Union leben mittlerweile über 20.000 Wölfe, und ihre Zahl steigt weiter an. Da sie streng geschützt sind, erholen sich die Bestände laut EU-Kommission zusehends. Dies führt jedoch aus Sicht der Viehhalter zu Problemen, denn in Regionen wie Brandenburg und Niedersachsen sowie in Nachbarländern der EU reißen Wölfe zunehmend Nutztiere wie Schafe, Ziegen, Kühe oder Pferde. Die meisten Vorfälle werden aus Spanien, Frankreich und Italien gemeldet. Deshalb sprechen sich viele EU-Mitgliedsstaaten dafür aus, den Abschuss von Wölfen zu erleichtern. Die EU-Kommission legte im Dezember einen entsprechenden Vorschlag vor, der von den EU-Botschaftern bereits begrüßt wurde, so Adalbert Jahnz, Sprecher der Kommission.

Deutschland hat sich für eine Lockerung des Schutzstatus ausgesprochen, was entscheidend für die Mehrheit unter den 27 EU-Staaten war. Umweltministerin Steffi Lemke erklärte, dass der Vorschlag sowohl aus Naturschutzsicht vertretbar als auch im Interesse der Weidetierhalter notwendig sei. Ziel der Änderung ist es, den Behörden mehr Handlungsspielraum beim Wolfsmanagement zu geben. Statt an die engen Vorgaben des strengen Schutzstatus gebunden zu sein, sollen sie künftig flexibler agieren können.

Lemke betonte jedoch, dass dies kein Freibrief für unregulierte Abschüsse sei. Vor einem Jahr stellte sie bereits nationale Regelungen vor, um problematische Wölfe leichter abschießen zu können. “Es geht darum, eine Balance zwischen dem Schutz der Weidetierhaltung, die für die biologische Vielfalt von großer Bedeutung ist, und dem Schutz des Wolfes, einer streng geschützten Art in Europa, zu wahren”, so Lemke.

Der neue Beschluss sieht vor, den Wolf nur noch als „geschützt“ und nicht mehr als „streng geschützt“ einzustufen. Dies soll den zuständigen Behörden mehr Spielraum im Umgang mit problematischen Tieren geben, jedoch keine willkürlichen Abschüsse erlauben. Die Europäische Volkspartei (EVP) im EU-Parlament kritisierte, dass die Bundesregierung lange gezögert habe, den Weg für diese Änderungen freizumachen. Peter Liese, umweltpolitischer Sprecher der EVP-Fraktion, forderte eine zügige Herabstufung des Schutzstatus, da der Wolf nicht mehr gefährdet, sondern vielmehr eine Bedrohung für die Weidetierhaltung sei, die eine naturnahe Form der Landwirtschaft darstellt.

Der Naturschutzbund (NABU) warnte jedoch vor einer stark emotional aufgeladenen Debatte. Der erleichterte Abschuss von Wölfen werde das Problem der Risse nicht vollständig lösen, betonte die Organisation. Herdenschutz müsse weiterhin Teil der Lösung bleiben. Sobald die EU-Staaten ihren Beschluss offiziell bestätigt haben, plant die Kommission, bei der Berner Konvention – einem internationalen Abkommen zum Schutz europäischer Wildtiere und Pflanzen – die Herabstufung des Schutzstatus des Wolfes zu beantragen. Nach Zustimmung könnte Brüssel einen konkreten Vorschlag erarbeiten, wie problematische Wölfe leichter getötet werden können (Quelle: tagesschau.de).