Stefanie Weigelmeier

von Stefanie Weigelmeier. –

58.497 – das ist die Zahl der weltweit bekannten Baumarten. Der im September 2021 erschienene Bericht „State of the World’s Trees“ fasst Daten der letzten fünf Jahre zusammen und kommt zu dem Ergebnis, dass mehr als 30 % der Baumarten vom Aussterben bedroht und mindestens 142 Baumarten in der Wildnis bereits ausgestorben sind.

Weltweit sind 58.497 Baumarten bekannt.

Der Bericht wurde veröffentlicht von Botanic Gardens Conservation International (BGCI) und steht auf deren Seite zum freien Download zur Verfügung.
BGCI ist nach eigenen Angaben das weltweit größte Netzwerk zur Erhaltung von Pflanzen, dem über 650 botanische Einrichtungen in mehr als 100 Ländern angehören. Der Bericht „State oft he World’s Trees“ vereine die Forschungsergebnisse von über 60 institutionellen Partnern, darunter botanische Gärten, forstwirtschaftliche Einrichtungen und Universitäten in der ganzen Welt, sowie von mehr als 500 Expert:innen, die in den letzten fünf Jahren dazu beigetragen hätten.

142 Baumarten sind weltweit in der Natur bereits ausgestorben

Eine besondere Bedeutung kommt auch den Schutzgebieten zu: 64 % der Baumarten kommt in mindestens einem Schutzgebiet weltweit vor. Auf der anderen Seite sind die Zahlen unmissverständlich: 440 Baumarten kommen in weniger als 50 Individuen auf der Welt vor.
Die Mulanje-Zeder (Widdringtonia whytei) kommt nur noch mit wenigen Exemplaren auf dem Mulanje-Berg in Malawi (Staat in Südostafrika) vor.
Sorbus arvonensis (Menai Whitebeam, Creddyn Menai, zu Deutsch etwa Menai’s Mehlbeere) besteht nur noch aus einer Population von etwa 30 Individuen, die auf einem Areal stehen, das möglicherweise kleiner als 100 m² ist. Zudem handelt es sich hierbei um einen 10 m breiten Küstenstreifen entlang der Küste von Nordwales. Steigt also der Meeresspiegel, dann war’s das.

In Deutschland wachsen 23 endemische Gehölzarten

Mit dem Bericht einher geht eine Datenbank, die weiterführende Informationen zu den 58.497 Baumarten der Welt bereithält. Neben dem Verbreitungsgebiet oder dem Schutzstatus gibt es auch Informationen über Schutzbestrebungen. Zudem lassen sich die Daten nach den Ländern filtern. Das Ergebnis ist eine csv-Datei mit den Arten des jeweiligen Landes (ganz komfortabel in Familie, Taxon und Autor), Angaben zum Endemismus und dem Status in den Roten Listen.

Für Deutschland lautet das Ergebnis wie folgt: 99 Baumarten, davon 23 endemische Arten*. Diese endemischen Arten sind allesamt aus der Gattung Sorbus: S. adeana, S. badensis, S. cordigastensis, S. eystettensis, S. fischeri, S. franconica, S. gauckleri, S. harziana, S. herbipolitana, S. hoppeana, S. lonetalensis, S. meierottii, S. mergenthaleriana, S. meyeri, S. perlonga, S. pseudothuringiaca, S. puellarum, S. pulchra, S. ratisbonensis, S. schnizleiniana, S. schuwerkiorum, S. schwarziana und S. seyboldiana.

*) BGCI (2021). GlobalTree Portal. https://www.bgci.org/resources/bgci-databases/global-tree-assessment-portal/ (Accessed on 22/11/2021)

Nun nennt sich ja Deutschland auch gerne mal Waldland. Etwa ein Drittel der Gesamtfläche ist bewaldet. 90% davon ist aus den 11 Hauptbaumarten bestockt: Fichte, Kiefer, Rot-Buche, Trauben-Eiche, Stiel-Eiche, Birke, Esche, Schwarz-Erle, Lärche, Douglasie und Berg-Ahorn. Sucht man nach Baumartenvielfalt, werden wir, zumindest in Deutschland, nicht im Wald fündig.

Brasilien, das über einige der artenreichsten Wälder der Welt verfügt, zähle dem Bericht zufolge die meisten Baumarten (8.847) und auch die meisten bedrohten Baumarten (1.788).

Schmidt & Hecker beschreiben in ihrem 2020 erschienenen Buch „Die wildwachsenden und kultivierten Laub- und Nadelgehölze Mitteleuropas“ ca. 1.400 Laub und Nadelgehölze. Bei den Nacktsamern werden insgesamt 162 Arten aus 8 Familien und 31 Gattungen beschrieben. Bei den Laubgehölzen sind es ca. 1.240 Arten aus 83 Familien mit 255 Gattungen.

Wildwachsend ist hier ein wenig der Knackpunkt. In der freien Landschaft oder im Wald finden wir in Deutschland nur eine geringe Artenvielfalt. Unsere Landschaft ist stark und nahezu vollständig kulturell überprägt, die Auswirkungen auf die Diversität dürfte mittlerweile hinlänglich bekannt sein.

Botanische Gärten und Samenbänke

Der Schutz von Arten außerhalb des natürlichen Verbreitungsgebietes nennt man ex situ. Bei Gehölzen findet dies in Samenbänken statt aber eben auch in Botanischen Gärten. Der Ex situ-Erhalt schützt Arten, die in ihren natürlichen Verbreitungsgebieten bedroht sind. Darüber hinaus sichern sie Pflanzenmaterial für Veredelung oder Nachzucht um sie beispielsweise in Auswildungsprogrammen einzusetzen. Die Studie besagt, dass 30% der Baumarten in mindestens einem Botanischen Garten oder einer Samenbank gelistet sind. 41 (!) Baumarten wachsen nur noch in Botanischen Gärten! Dies unterstreicht die wichtige Bedeutung, die solchen Institutionen zukommt!

Mehr zum Buch...."Die wildwachsenden und kultivierten Laub- und Nadelgehölze Mitteleuropas" Mit 1.340 g ist das kein handliches Buch für die nächste Wanderung. Es handelt sich auch nicht um ein Bestimmungsbuch, auch wenn sich mit den kurzen und prägnanten Beschreibungen sehr viele Gehölze klar benennen lassen. Das Buch macht damit dort weiter, wo ein Bestimmungsbuch aufhört: es stellt jede Gehölzart als Ganzes vor, nennt Herkunft, Verbreitung, Ansprüche, Verwendung, Gefährdung. Damit bereichert es jede dendrologische Bibliothek. Auch für Neulinge hält es einiges bereit. Beim Besuch im Botanischen Garten oder im Arboretum sind die Gehölze meist gut beschriftet, das Nachschlagen im Buch entdeckt Wissenswertes, aber auch Blüten, Blätter, Früchte, unabhängig zur vorherrschenden Jahreszeit.
Das Buch ist im Quelle & Meyer Verlag erschienen, kostet 39,95€ und wie immer – support your local bookstore!