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Oftmals lauern die botanischen Schätze da, wo sie nicht vermutet werden. Nicht selten sind es solche Lebensräume, die auf den ersten oder zweiten Blick monoton und botanisch wenig attraktiv wirken. Ein solches Beipsiel sind u.a. Kiefenwälder oder -forste. Hier wollen die botanischen Schätze gefunden werden und offenbaren sich erst nach langem Suchen. Ein solches Kleinod ist das Nickende Birngrün (Orthilia secunda). Diese in Sachsen-Anhalt als “gefährdet” geltende Art ist eine immergrüne, ausdauernde krautige Pflanze, welche auche verholzen kann und daher zu den Halbsträuchern zählt. Sie kann Wuchshöhen von 7 bis 15, selten bis zu 25 Zentimetern, erreichen. In Mitteleuropa wächst Orthilia secunda in moos- und flechtenreichen Fichten-, Tannen- und Kiefernforsten, in Hainsimsen-Buchenwäldern und in Buchen-Eichenwäldern, in Lehmgruben und in Steinbrüchen. Dabei bevorzugt es mäßig trockene bis frische, nährstoffarme, bodensaure bis basenreiche, modrig-humose Sand- und Lehmböden, die auch etwas beschattet sein dürfen.

Orthilia secunda
Die Laubblätter sind unten nicht – wie bei den Pyrola-Arten – rosettig angeordnet, sondern etwas entfernt aber nahe beieinander stehend, wechselständig und spiralig oder pseudowirtelig in selten einem, meist zwei bis vier Blattwirteln am Stängel angeordnet.Wenn man um diesen Umstand weiß, dient er als sehr gutes Erkennungsmerkmal. Die Blütezeit reicht je nach Standort von Juni bis Juli oder August. Am 10 bis 20, selten bis zu 25 Zentimeter langen Blütenstandsschaft sind keine oder zwei bis sieben Hochblätter vorhanden. Die häutiten Hochblätter sind bei einer Länge von 3 bis 9 Millimetern sowie einer Breite von 1 bis 2 Millimetern pfriemlich bis ± breit lanzettlich mit glatten oder ausgebissen-gezähnten Rand.
Das für den Beitrag fotografierte Exemplar stammt aus einem Dünenwald an der Ostsee und hatte seine besten Tage schon hinter sich. Ich habe versucht ein noch halbwegs blühendes Exemplar zu finden. Vielleicht gelingen mir im kommenden Jahr bessere Bilder. Orthilia secunda lebt in Symbiose mit einem Wurzelpilz (Mykorrhiza). Dieser umgibt die Wurzeln mit einem dichten Mycelmantel und versorgt die Pflanze mit Wasser und Mineralsalzen, während der Pilz Kohlenhydrate erhält. Auch für die Keimlingsentwicklung scheint die Mykorrhiza von entscheidender Bedeutung zu sein.

Orthilia secunda
Orthilia secunda ist auf der Nordhalbkugel, zirkumboreal weitverbreitet, und ihr Verbreitungsgebiet reicht bis Mexiko sowie Guatemala. Sie ist ein nordisch-eurasisch-kontinentales Florenelement. Für Europa verläuft die Westgrenze ihres Areals in Deutschland. Birngrün fehlt weitgehend im nordwestdeutschen Tiefland; das nordostdeutsche Tiefland wird sporadisch besiedelt. Durch anthropogene Landschaftsveränderungen, vor allem wohl durch die flächenhafte Eutrophierung über den Luftweg, aber auch durch forstwirtschaftliche Maßnahmen, sind die Bestände des Birngrüns stark zurückgegangen. Der übermäßige Nährstoffeintrag bewirkt eine Sukzession der Pflanzengesellschaften. Die für Orthilia und andere Wintergrüngewächse besonders typischen Flechten- und Hagermoos-Kiefernwälder wandeln sich dabei in Drahtschmielen-Kiefernwälder um. Von der sich ausbreitenden Drahtschmiele (Deschampsia flexuosa), einem Waldgras, werden die Pyrolaceen offenbar allmählich verdrängt. Eine Entwicklung, welche ich auch in besagten Dünenwald beobachten konnte.
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