Thomas Engst

Als vor ein paar Jahren der EU-Fitnesscheck den Naturschutz auf seine Tauglichkeit prüfen und reformieren wollte und sich gerade mal 500.000 Menschen in Europa unter dem #NatureAlert zusammenfanden, schwand mein Vertrauen in den Menschen und sein Verhältnis zur Natur ein weiteres Mal. Bezogen auf das Einzugsgebiet der gesamten Europäischen Union waren eine halbe Million Menschen, die ihre Stimme abgaben und zu Großteilen aus Deutschland kamen, ein schlechter Witz. Ähnlich sahen meine Erwartungen für das in den letzten zwei Wochen in Bayern veranstaltete Volksbegehren für besseren Artenschutz aus. Die benötigten 1.000.000 Stimmen schienen in den vorgesehenen 14 Tagen nur sehr schwer zu erbringen. Zum Glück sollte ich mich irren und die letzten 14 Tage zeigten mir, dass es durchaus noch Hoffnung für den Menschen gibt.  Der Zulauf könnte das Volksbegehren zum erfolgreichsten aller Zeiten in Bayern machen, noch vor jenem zum Nichtraucherschutz und dem zur Abschaffung der Studiengebühren. Beide mündeten seinerzeit in einer weitreichenden Änderung der Gesetzeslage.

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Im Vorfeld der Aktion hatten diverse Triefnasen Politiker ihren Unmut abgegeben und aktiv gegen das Votum gehandelt. Scheinbar ohne Erfolg. Denn die Initiatoren der Aktion, die Ökologisch-Demokratische-Partei (ÖDP), hat scheinbar einen Nerv der Zeit getroffen. Ihr Ziel, zehn Prozent des Grünlands in Bayern zu Blühwiesen zu machen, Flüsse und Bäche künftig besser vor Pestiziden zu schützen und die ökologische Landwirtschaft massiv auszubauen, scheint die Bevölkerung Bayerns zu mobilisieren und sorgte für regelrechten Andrang in den jeweiligen Rathäusern und vor den Unterschriftenlisten. Die CSU steckt nun in einer Zwickmühle. Sich politisch Erfolg versprechend zum Bienenbegehren zu positionieren, ist für die CSU nicht einfach. Sie versteht sich seit jeher auch als Interessenverwalter der Bauern. Und die fühlen sich durch die geforderten Gesetzesänderungen benachteiligt: Vorgaben für mehr Biotope und ökologischen Anbau beträfen vor allem die Landwirtschaft. Das weckt Skepsis gegenüber dem Engagement von Städtern, die selbst SUV fahren und im Internet bestellen. Der Bayerische Bauernverband lehnt das Volksbegehren und die damit verbundenen Vorschriften ab. Das Volksbegehren wird nun im nächsten Schritt in den Landtag gehen, der darüber abstimmt, ob man den Gesetzentwurf annimmt. Dort haben CSU und Freie Wähler die Mehrheit, eine Annahme ist unwahrscheinlich. Am Ende könnte es zum einem Volksentscheid kommen, in welchem sich zwei Gesetzentwürfe gegenüberstehen – einer der Staatsregierung und einer der Naturschützer. Aber egal wie das Verfahren am Ende ausgeht, es ist einmal mehr deutlich geworden, dass ökologische Themen in der Gesellschaft angekommen sind und für die Bürgerinnen und Bürger durchaus von Bedeutung sind. Letzen Endes entscheiden wir alle mit dem Wahlzettel, ob es mehr Artenschutz in der Politik und Wirtschaft geben wird. Seinen wir uns dieser Verantwortung bewusst.