Thomas Engst
Letzte Artikel von Thomas Engst (Alle anzeigen)

Eine internationale Studie, veröffentlicht im Fachmagazin “PLOS One”, hat ergeben, dass weltweit etwa zwei Millionen Arten gefährdet sind. Dies ist doppelt so viele wie im letzten globalen Bericht des Weltbiodiversitätsrates (IPBES) von 2019 angenommen wurde. Innerhalb Europas sind laut dieser Studie etwa ein Fünftel der untersuchten Tier- und Pflanzenarten in den kommenden Jahrzehnten vom Aussterben bedroht, wobei Pflanzen und wirbellose Tiere besonders betroffen sind.

Die Forscher haben insgesamt 14.669 Tier- und Pflanzenarten in ihre Studie aufgenommen, die Ende 2020 auf der Roten Liste für Europa standen. Dies entspricht etwa zehn Prozent der gesamten Artenvielfalt des Kontinents. Die Rote Liste wird von der Weltnaturschutzunion (IUCN) erstellt und umfasst Arten, deren Bestände analysiert wurden, wobei einige als nicht oder nur gering gefährdet gelten, während andere bereits vom Aussterben bedroht sind oder ausgestorben sein könnten. Zu den analysierten Arten gehören Wirbeltiere wie Amphibien, Vögel, Fische, Reptilien und Säugetiere, wirbellose Tiere wie Schmetterlinge und Bienen sowie verschiedene Pflanzenarten.

Die Studie, angeführt von Erstautor Axel Hochkirch vom Nationalmuseum für Naturgeschichte in Luxemburg und der Universität Trier, kommt zu dem Schluss, dass rund 19 Prozent der untersuchten Arten in Europa, insgesamt 2839 Arten, vom Aussterben bedroht sind. Zusätzlich gelten bereits 125 Tier- und Pflanzenarten als ausgestorben, regional ausgestorben oder möglicherweise ausgestorben.

brown white and black eagle flying nearby pink flower field
Photo by Pixabay on Pexels.com

Die Studie zeigt, dass etwa 27 Prozent der heimischen Pflanzen in Europa vom Aussterben bedroht sind. Auch bei den Tierarten sind die Zahlen alarmierend hoch, wobei 24 Prozent der Wirbellosen und 18 Prozent der Wirbeltiere betroffen sind. Dies ist bemerkenswert, da den Wirbeltieren normalerweise mehr Aufmerksamkeit geschenkt wird. Hochkirch betont, dass eine der wichtigsten Erkenntnisse der Studie ist, dass die Anzahl der gefährdeten Arten in verschiedenen Artengruppen nicht wesentlich variiert.

Andere Experten halten die aktuellen Daten für relevant und glaubwürdig. Matthias Glaubrecht von der Universität Hamburg erklärt, dass die neue Studie deutlich zeigt, dass mehr Arten vom Aussterben bedroht sind als zuvor angenommen. Besonders besorgniserregend ist, dass Europa, eine Region mit vergleichsweise guten Daten, bereits eine dramatische Situation aufweist. Dies lässt darauf schließen, dass die Biodiversitätskrise in anderen, weitaus artenreicheren Regionen, insbesondere in den noch unzureichend erforschten Tropengebieten wie Asien und Afrika, wahrscheinlich noch gravierender ist.

Die Forscher haben mit neuen Datensätzen auch die Anzahl der weltweit vom Aussterben bedrohten Tier-, Pflanzen- und Pilzarten berechnet. Die Zahl von zwei Millionen bedrohten Arten ist doppelt so hoch wie im letzten IPBES-Bericht von 2019, der von einer Million bedrohter Arten ausging. Dieser Anstieg lässt sich durch die Verfügbarkeit neuer und präziserer Informationen erklären.

close up shot of a beaver in the water
Photo by Niklas Jeromin on Pexels.com

Trotz dieser alarmierenden Ergebnisse betonen die Studienautoren die Herausforderung der unzureichenden Datenlage und den dringenden Bedarf an weiterer Forschung. Viele Arten, insbesondere unter den Wirbellosen, sind noch nicht ausreichend erforscht und beschrieben. Eine genaue Einschätzung ihres Zustands ist oft schwierig, insbesondere wenn es nur noch wenige Exemplare in einer Region gibt, die in Feldstudien schwer zu finden sind.

Die Hauptursachen für das Artensterben sind vielfältig und umfassen die intensive wirtschaftliche Nutzung von Land- und Meeresflächen, was zum Verlust von Lebensräumen führt, sowie die Übernutzung biologischer Ressourcen und die Auswirkungen des Klimawandels, wie beispielsweise Extremwetterereignisse.

Trotz dieser besorgniserregenden Entwicklungen sehen die Forscher jedoch auch Möglichkeiten zur Rettung der Artenvielfalt durch Neuansiedlungen von Tierarten und spezielle Schutzmaßnahmen. Es wird betont, dass es entscheidend ist, rechtzeitig Maßnahmen zur Arterhaltung zu ergreifen, da ausreichend Beweise für die Dringlichkeit des Handelns vorhanden sind, und dass es nun an der Zeit ist, diese in die Tat umzusetzen (Quelle: Spiegel Online).