Thomas Engst

Die “allmende – Zeitung für Literatur” habe ich schon etwas länger auf dem Schirm. Sie ist mir in meiner bisherigen Laufbahn immer mal wieder in den Blick gekommen. Gelesen habe ich sie aber bisher nie. Umso mehr freute ich mich, dass mir der Mitteldeutsche Verlag aus Halle/Saale ein Rezensionsexemplar geschickt hat und ich nun die Lektüre der Zeitung nachholen konnte. Die 42 Seiten umfassende 105. Ausgabe geht der Frage nach, inwiefern sich die Literatur in Zeiten des Klimawandels verändert. Themen wie Naturkatastrophen und Ressourcenknappheit sind durch den Menschen hervorgerufene Probleme, und aktueller denn je. Beeinflusst der herzlose Umgang mit der Natur den Schreibprozess von AutorInnen? In welchem Maße werden unterschiedliche Gattungen wie nature writing und Naturlyrik genutzt, um auf die ökologischen Probleme unserer Gesellschaft aufmerksam zu machen? Dabei fällt der erste Eindruck durchaus positiv aus. Das matte Papier ist aufgrund seiner Dicke angenehm stabil und liegt gut in der Hand. Bereits solche Kleinigkeiten begeistern. Erste Verwunderung dann nach dem Blick in die Inhaltsseiten. Wer eine Sach- oder Wissenschaftspublikation im herkömmlichen Sinne erwartet, wird ebenso verdutzt aus der Wäsche gucken wie ich.

Der Aufbau ist dem von Kurzgeschichten, Gedichten oder Prosasammlungen ähnlicher als einer “gewöhnlichen” Zeitung oder eines Magazins. So werden einige der überaus lesenswerten Artikel im Stile von Gedichten präsentiert. Das ist anders aber keinesfalls schlechter. Im Gegenteil. Schnell hat man sich an die Aufmachung gewöhnt. Das Layout der Seiten ist gänzlich in Schwarz und Weiß gehalten, Farbbilder gibt es keine. Ebenso auffallend ist der künstlerische Touch der Heftgestaltung. Viel Weiß ummantelt den Text wie ein Rahmen. Dadurch wird der Blick auf die Schrift gelenkt und unnötige Ablenkungen vermieden.

Ich persönlich brauchte ein paar Minuten, damit ich mich and en etwas sterilen Look gewöhnte. Kam dann aber ganz gut damit klar. Etwas länger dauerte es, bis ich mit den Texten warm wurde. Manche von Ihnen musste ich mehrmals lesen. Fand ich das schlecht? Nein, eher anregend. So war ich stellenweise gezwungen, mir den Text länger durch den Kopf gehen zu lassen, als ich das gewöhnlich handhabe und ihn zu über- und durchdenken. Hinter den sehr prosaischen Zeilen steckte immer eine wahre, auf den Natur- und Artenschutz bezogene Aussage. Nie war mir bisher so klar, was Naturlyrik bedeutete. Während der Großteil der Zeitung aus Lyrik und Prosa besteht, gibt es aber auch Essays und ein Interview. Diese lesen sich so wie man es gewohnt ist und Handel, ganz im Zeichen der Zeit, von der aktuell wieder aufflammenden Corona-Pandemie. Ein besonders lesenswertes Essay trägt den Titel “Virus, Viralität, Virtualität oder: das Corona-Virus, der Leviathan der Nahgesellschaft”. Auf neun Seiten wird gezeigt, wie sich unsere bisherige Gesellschaftsform geändert hat, aktuell ändert und in Zukunft ändern wird. Gedanken, von denen ich manchen durchaus zustimmen kann, anderen aber entschieden widersprechen muss.

Quelle: allmende – Zeitung für Literatur. Ausgabe 105, Juli 2020.

Welcher Eindruck bleibt nun nach dem Lesen? Tja, auf jeden Fall ein positiver. Während der lyrische und prosaische (Haupt)Teil anders aber interessant war, fand das oben erwähnte Essay schon mehr Zustimmung. Ich kann eben nicht so einfach raus aus meiner Haut. In Sachen Kunst und ihrer zeitgenössischen Darstellung, habe ich durchaus noch Einiges zu lernen. Das intensive Nachdenken über einzelne Beiträge fand ich ansprechend und konnte dadurch neue Sichtweisen und Erkenntnisse gewinnen.

Fazit: Wer sich für Naturlyrik erwärmen kann und nicht erwartet, mit der “allmende” eine herkömmliche Zeitung zu den Themen dieser Tage zu bekommen, der wird sicherlich seine Freude damit haben.