Thomas Engst

Da musste ich doch mal wieder das altbekannte Sprichwort bemühen. Es ist zwar abgedroschen aber gerade im Naturschutz trifft es den Nagel auf den Kopf. Durch meine Arbeit bin ich in der überaus angenehmen Lage, die Natur zu allen Jahres- und Tageszeiten sowie in allen Witterungen zu erleben. Gestern stand mal wieder ein Tag im Gelände an, es mussten Trockenrasen und Heideflächen im wunderschönen Harz, auf denen in den letzten Monaten Landschaftspflegemaßnahmen durchgeführt wurden, kontrolliert werden. Weniger hinsichtlich der ausgeführten Arbeiten, als vielmehr nach dem aktuellen Stand der Flora. Durch den bisher ausgefallenen Winter ist die Vegetation schon viel weiter als sie es zu dieser Jahreszeit sein sollte.

Aufgrund meiner rastlosen Natur, wenn ein Tag im Freien ruft, war ich bereits kurz nach 7 Uhr an Ort und Stelle und erlebte einen der schönsten Sonnenaufgänge in Deutschlands nördlichstem Mittelgebirge. Habt ihr mal darauf geachtet, wie lange sich die aufgehende Sonne ankündigt und wie schnell sie dann den Horizont erklimmt, die Landschaft in goldenes Licht taucht und der ganze Zauber wieder vorbei ist? Mit dem Licht startet auch das Leben in den neuen Tag. Durch die wärmenden Strahlen geweckt, starten die Vögel ihr musikalisches Tagwerk und alsbald summen Insekten durch die Luft. Die nächtliche Kühle wird vertrieben und ich genieße, auf dem Boden sitzend, jede einzelne Sekunde.

Solche Augenblicke sehe stets durch ein lachendes und weinendes Auge. Fröhlich daher, weil ich momentan im beruflichen Naturschutz tätig sein darf, traurig deswegen, weil ich weiß, was der Mensch der Natur Tag für Tag zufügt und sie uns dennoch mit solchen Augenblicken verwöhnt. So grübelnd sitze ich noch eine Weile da und bemerke erst allmählich, dass der frühe Zauber längst verflogen und es an der Zeit ist, mit der Arbeit zu beginnen. Der Himmel wird zunehmend bewölkter und auch der Wind frischt wieder auf und lässt die Temperaturen sinken. Während ich meine Jacke schließe hängen meine Gedanken noch dem gesehenen Naturschauspiel hinterher.