Thomas Engst

Silhouette. Getreide. Ähre, Weizen, LandwirtschaftDie moderne Landwirtschaft zeichnet sich nicht nur durch Erzeugung von Unmengen an Nahrungsmitteln aus, sie ist auch ein Artenvernichter im ganz großen Stil. Kein Lebensraum ist so geprägt von menschlicher Nutzung wie die Äcker unserer Zeit. Oftmals gehen diese bis an den Horizont, sind mit Monokulturen bewachsen und lassen jegliches Strukturelement vermissen. Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Reaktorsicherheit und Bau hat sich dieses Themas in einer neuen Kampagne angenommen. Bier Bauern der Nation reagieren mit einem #Aufschrei. Teilweise gerechtfertigt.

Landwirtschaft ist Massenmord

Zugegeben, die Überschrift ist recht plakativ und gilt in keiner Art und Weise generell. Wieso ich sie dennoch gewählt habe? Weil mir diese These oft zu Ohren kommt. Schaut man sich die teils pervers großen Felder in der Landschaft, so ist man geneigt es zu glauben. Dabei könnte diese Behauptung gar nicht falscher sein. Landwirtschaft ist nicht gleich Landwirtschaft. Wie immer im Leben muss man auch hier differenzieren. Über die intensive Landwirtschaft, die sich mit Hilfe der guten fachlichen Praxis von jedem Eingriffstatbestand freischummelt, möchte ich an dieser Stelle nicht reden. Das regt mich nur auf. Um aber den Bogen zum eigentlichen Thema zu schlagen, was ist passiert? Das BMUB startete vergangene  Woche eine Kampagne mit auf die heutige Zeit angepassten Bauernregeln. Diese witzigen Sprüche fassen die Probleme der intensiven Landwirtschaft prima zusammen.

Regel Nr. 1 der “Neuen Bauernregeln” des BMUB (Quelle: BMUB).

Landwirtschaft ist nicht gleich Landwirtschaft

Wie man es von unserer Empörerkultur erwarten konnte, lies der obligatorische Shitstorm oder #Aufschrei nicht lange auf sich warten. Besonder auf Twitter erlebte ich zwei, drei intensive Diskussionen mit. Erkenntnis: die Agarflächendesigner mögen die neuen Regeln nicht. Verständlich. Hier werden alle Landwirte in einen Topf geschmissen und das ist nicht gerecht. Aus meinem täglichen Berufsfeld kenne ich Dutzende Kleinbauern und Landwirte, die sich durchaus für Artenvielfalt und Naturschutz einsetzen. Sei es durch extensive Beweidung von gefährdeten Biotopen um diese vor Verbuschung zu schützen oder die sich noch die Mühe einer Trifftbeweidung machen. Ein lobendes Beispiel aus der Magdeburger Börde pflanzt aus Eigenantrieb Hecken und legt Blühstreifen und Streinriegel auf seinen Flächen an. Diesen Bewirtschaftern ist nun wirklich nichts vorzuwerfen. Diese sind sicherlich auch nicht das Ziel der Kampagne und brauchen sich diesen Schuh sicherlich nicht anziehen.

Regel Nr. 2 der “Neuen Bauernregeln” des BMUB (Quelle: BMUB).

Naturschutz braucht die Landwirtschaft

Vielmehr wird hierbei aber wieder ein altes Problem sichtbar. Naturschutz ist auf die Landwirtschaft angewiesen und nicht umgekehrt. Als größter Flächeneigentümer im Land spielt Landwirtschaft in meiner Branche eine große Rolle. Das BMUB schwingt hier die (doch etwas spaßige) Pauschalisierungskeule und das schadet dem Ruf des Naturschutz mehr als das es ihm nützt. Fairerweise sollte man festhalten, dass Naturschutz in der Landwirtschaft auch etwas spöttisch, pauschal und nicht zimperlich behandelt wird (Ausnahmen bestätigen die Regel). “Baustopper” und “Fortschrittsbremser” sind nur zwei der vielen Kosenamen für meine Zunft. Die Diskussionen im Netz und dieser Beitrag haben aber eines erreicht. Aufmerksamkeit für das BMUB und seine Kampagne. Wie dem auch sein, die Bauern da draußen die einen guten Job machen und Natur und ihre Vielfalt ehren, nehmt es nicht so schwer. Alle anderen Bauern, Kopf hoch. Eure Lobby holt bestimmt schon zur Revanche aus.