Thomas Engst

Naturschutz hat zwei Probleme. Er ist vielen gänzlich unbekannt und hängt am Tropf der Landwirtschaft. Ersteres lässt sich nachprüfen, in dem ihr wahllos Passanten nach etwa Natura 2000 fragt. Im besten Falle sagt euch ein halber Mensch von 10, dass er dieses Wort schon mal gehört hat. Für viele Menschen ist die “blühende Landschaft” eine Selbstverständlichkeit und das Schwinden der Arten geschieht nahezu unbemerkt. Das zweite Problem ist die fehlende Förderung und Wertschätzung des Naturschutzes. Nicht zu Unrecht wird er auch als das “vergessene Ehrenamt” bezeichnet.

Wann immer Ehrenamtliche ausgezeichnet werden, stehen (vollkommen verdient) Feuerwehren und Sportvereine im Vordergrund. Wo aber ist die Wertschätzung für die unzähligen Vereine, die sich der Landschafts- und Biotoppflege widmen oder andere Pflichtaufgaben des (Bundes-)Landes übernehmen? Ganz genau, von denen hört man in den Medien viel zu wenig. Erschwerend kommt hinzu, dass der Bereich Naturschutz keinen eigenen Fördertopf auf Bundes- oder europäischer Ebene hat, schätzungsweise bedarf es ca. 15. Mrd. Euro/Jahr aus dem EU-Budget, um alle europäischen Naturschutzarbeiten auskömmlich zu finanzieren). Stattdessen hangt er am Tropf der Landwirtschaftsförderung und freut sich über die Krümel, die vom Tisch fallen und nach dem Kehren übrig bleiben. Demzufolge sind sämtliche Akteure im Naturschutz (kein Umwelt- oder Klimaschutz) unterfinanziert und langfristige Erhaltungsmaßnahmen nicht durchzuführen. Es fehlt der Naturschutz in der Fläche.

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Thüringen geht diesen Umstand seit 2014 an und hat als eines der wenigen Bundesländer sogenannte Natura 2000-Stationen eingerichtet. Die Aufgaben dieser Stationen sind u.a. die Biotop- und Landschaftspflege, die Vernetzung zwischen Landnutzer und Naturschutz (ein ganz wichtiges Feld wie ich finde) sowie Öffentlichkeitsarbeit und Umweltbildung.Gestern wurde auf einer Tagung in Erfurt ein Resümee über die bisherigen Arbeiten gezogen. Neben dem sehr gut ausgefallenen Fazit, wurde auch der (steinige) Werdegang der nun 12 Natura 2000-Stationen in Thüringen skizziert.

In Thüringen betreut jede Natura 2000-Station in der Regel zwei Landkreise und leistest wichtige Arbeit vor Ort. Finanziert werden diese Einrichtungen durch das Land (Personal- und Verbrauchsmittel) sowie über eingeworbene Fördermittel, bspw. für Naturschutzmaßnahmen. Hier greift das Leistungsprinzip, demzufolge profitieren emsig an Projektanträgen schreibende Stationen besonders. Hier wird sich in den kommenden Jahren und Jahrzehnten zeigen, wie effektvoll die geschaffenen Strukturen sind.

Unter all den interessanten Aussagen, Zahlen und Fakten haben mir drei Äußerungen besonders gefallen: “mehr Naturschutz in die Fläche bringen. Besonders außerhalb von Schutzgebieten”, “Strukturen wie Natura 2000-Stationen sind notwendig, um das Artensterben zu verlangsamen, bevor wir von einer Trendwende reden können” und “Naturschutz sollte ernsthaft und mit willigen Partnern betrieben werden, Naturschutz ist unser aller Lebensgrundlage und kein Hobby”.

Die letzten beiden Aussagen wurden seitens Bundesamt für Naturschutz und der noch amtierenden Umweltministerin Thüringens Anja Siegesmund, welch ich übrigens sehr für ihre Arbeit schätze, getätigt und sprechen mir aus der Seele.