Thomas Engst

Die Hawaii-Inseln sind eines der globalen Zentren des Artensterbens: Seit der Ankunft des Menschen auf dem Archipel sind rund 100 Vogelarten ausgestorben. Von den verbliebenen 44 endemischen Vogelarten gelten 33 als vom Aussterben bedroht – und ein Drittel davon wurde seit Jahrzehnten nicht mehr gesehen und dürfte ebenfalls bereits ausgestorben sein. Um einige der letzten überlebenden Vogelarten zu retten, planen US-Behörden im Jahr 2024 eine besondere Maßnahme. Sie wollen mehrere Millionen Mücken freisetzen, um die für die einheimischen Arten tödliche Vogelmalaria zu bekämpfen.

Was auf den ersten Blick paradox erscheint, hat einen ernsten Hintergrund: Im 19. Jahrhundert gelangten mit europäischen und US-amerikanischen Schiffen Moskitos auf die Inseln, die zuvor mückenfrei waren. Diese Insekten brachten die Vogelmalaria mit sich, gegen die die einheimischen Vögel keine Immunität besaßen, was zu massenhaftem Sterben führte. Lange Zeit war die Seuche auf die tieferen Lagen der Inselkette beschränkt, wo viele endemische Arten verschwanden. In höheren und kühleren Lagen, wo sich die Mücken nicht fortpflanzen konnten, überlebten einige Arten. Doch durch den Klimawandel und die steigenden Temperaturen breiten sich die Moskitos nun auch in höhere Lagen aus und bringen die Malariaerreger mit. Besonders betroffen ist der Haleakalā National Park auf Maui, in dem einige der seltensten Vögel der Welt leben.

Einigen Arten könnte nur noch ein Jahr bleiben, bevor sie aussterben. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein I’iwi (Vestiaria coccinea) – eine Kleidervogelart – nach einer Infektion stirbt, liegt bei 90 Prozent. Dies soll durch die freigesetzten Mücken verhindert werden: Ab 2024 werden wöchentlich 250.000 männliche Mücken per Hubschrauber in die Natur entlassen; insgesamt wurden seit November 2023 zehn Millionen Mücken freigelassen. Wissenschaftler haben diese Mücken mit Wolbachia-Bakterien infiziert, die natürlich in Insekten vorkommen und deren Fortpflanzung behindern. Wenn sich diese Männchen paaren, übertragen sie die Bakterien auf die Eier der Weibchen, die sich dadurch nicht entwickeln können (Quelle: Spektrum).