Thomas Engst

Auf diese Buchvorstellung habe ich mich besonders gefreut. Dieses Buch habe ich erstmals vor vielen Jahren gelesen und irgendwann im Zuge diverser Wohnungswechsel in einen Bücherschrank gestellt. Eine Entscheidung, welche ich seitdem bereut habe.

Umso erfreuter war ich, als ich das Buch in einer digitalen Ausgabe wiedergefunden habe. Selbstredend, dass ich es sogleich ein weiteres Mal gelesen habe. Worum geht es in dem Buch? Nun, das ist schnell erklärt. Calpurnia ist zwölf, als sie begreift, dass ihr vorgezeichneter Lebensweg, nicht ihren Vorstellungen entspricht. Wie die anderen Mädchen soll auch sie Kochen, Stricken und Klavierspielen lernen, damit sie bald heiraten und eine Familie gründen kann. Doch Cal streift viel lieber durch die Natur, beobachtet Pflanzen und Tiere und macht sich Notizen über ihre Entdeckungen. Der Einzige, der sie versteht, ist ihr Großvater, ein eigenwilliger Forscher und Tüftler. Er schenkt ihr Bücher und öffnet ihr die Augen für den technischen Fortschritt und die naturwissenschaftlichen Erkenntnisse des anbrechenden 20. Jahrhunderts.

Die angenehme Schreibweise, im englischen Original sowie in der deutschen Übersetzung, machen das Lesen zu einem eingängigen Vergnügen. Nach (sehr) kurzer Eingewöhnung, gehen die teilweise altbackenen Begriffe der Originalausgabe leicht von der Hand und nehmen den Leser mit in eine andere Zeit und in das ereignisreiche Leben der Protagonistin. Mit dem vermeintlich aufgeklärten Blick unserer Tage mögen ihre Abenteuer und Entdeckungen etwas banal anmuten. Für die damalige Zeit aber waren sie ungleich spektakulärer. Besonders für ein Mädchen. Man stelle sich vor, ein Mädchen möchte die traditionelle, eher hauswirtschaftliche Erziehung gegen das Erkunden der Natur eintauschen. Ebenfalls sehr schön geschrieben sind die Zusammenhänge, welche Calpurnia durch reines Beobachten erkennt. So schließt sie bspw. durch die unterschiedliche Färbung von Heuschrecken auf ihre Verbreitung im Ökosystem. Das Erkennen durch Beobachten ist in dem Buch eine generelle Tugend, welche ich nicht oft genug loben kann. Alles was es dafür braucht, ist Zeit. Zeit und die Liebe zur Natur

Mir hat das Buch mal wieder gezeigt, wie sehr sich die Lebensart unserer Zeit von der damaligen doch unterscheidet und wie sehr sich der Mensch inzwischen von der Natur entfernt hat. Anstatt die Wunder der Natur zu entdecken und zu bestaunen, werden Taschenmosnter mit dem Handybildschirm gejagt. Ein Trauerspiel.