Thomas Engst

Nun ist es also soweit. Mit diesem Beitrag möchte ich den vielen Nachfragen nachkommen und mal einen Über- und Einblick in die FFH-Richtlinie geben. Da geht es am besten mit der korrekten Bezeichnung los. Der vollständige und viel zu sperrige Titel Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen wurde glücklicherweise in das handlichere FFH-RL oder nur FFH gemünzt. Entstanden ist dieses umfangreiche Naturschutzregelwerk im Zuge der Biodiversitätskonefrenz in Rio de Janeiro im Jahre 1992 und hat im Laufe der Zeit solche Bedeutung gewonnen, dass wir im Naturschutz scherzhaft sagen, wir leben im Jahre 23 n. FFH. Diese Richtlinie (!) hat das Ziel, wildlebende Arten und deren Lebensräume zu sichern und zu schätzen. An dieser Stelle empfiehlt sich ein Blick in das Bundesnaturschutzgesetz um den Unterschied zwischen Lebensraum und Lebensstätte zu erkennen. Außerdem soll ein zusammenhängendes Netz an Schutzgebieten (Natura 2000), bestehend aus FFH- und Vogelschutzgebieten, aufgebaut werden und der fortschreitenden Zerschneidung der Landschaft Einhalt gebieten.

Zusätzlich dient die Vernetzung von Lebensräumen der “Bewahrung, (Wieder-)Herstellung und Entwicklung ökologischer Wechselbeziehungen sowie der Förderung natürlicher Ausbreitungs- und Wiederbesiedlungsprozesse”. Ihr errinnert euch noch an das “!” ein paar Zeilen weiter oben? Sehr gut, das ist nämlich von Bedeutung. Im Unterschied zu Verordnungen (bspw. EG-Artenschutzverordnung) haben Richtlinien keine unmittelbare Rechtswirksamkeit und müssen erst noch in nationales Recht umgesetzt werden. Das geschieht in Deutschland durch Gesetze. Integraler Bestandteil ist u.a. das Bundesnaturschutzgesetz. Daher verheißt die bloße FFH-RL keinen universellen Schutz. Dieser wird erst in Verbindung mit diversen Gesetzen und Verrdnungen wirksam. Welche Gebiete für dieses Schutzgebietsnetz ausgewählt wurden und welche Arten und Lebensraumtypen geschützt werden sollen wird in fünf Anhängen aufgelistet.

Anhang I – Natürliche Lebensräume von gemeinschaftlichem Interesse, für deren Erhaltung besondere Schutzgebiete ausgewiesen werden müssen.

Anhang II – Tier- und Pflanzenarten von gemeinschaftlichem Interesse, für deren Erhalt besondere Schutzgebiete ausgewiesen werden müssen.

Anhang III – Kriterien zur Auswahl der Gebiete, die als Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung bestimmt und als Besondere Schutzgebiete ausgewiesen werden können.

Anhang IV – Streng zu schützende Tier- und Pflanzenarten von gemeinschaftlichem Interesse.

Anhang V – Tier- und Pflanzenarten von gemeinschaftlichem Interesse, deren Entnahme aus der Natur und Nutzung Gegenstand von Verwaltungsmaßnahmen sein können.

Mit ihren rund 23 Jahren ist die FFH-RL aber inzwischen in die Jahre gekommen und es zeigen sich bereits Ermüdungserscheinigung bzw. stellen sich diverse Sachen als ungünstig für den modernen Naturschutz heraus. Auch sind manche wichtigen Lebensräume gar nicht erst mit aufgenommen wurden. So sucht man die bedeutenden Quellregionen der Fließgewässer vergebens. Solltet ihr beim Lesen, wenn ihr euch diesen Text überhaupt zumutet, auf unbekannte Begriffe stoßen, dann hilft ein Blick in §7 BNatSchG oder ihr haut eure Fragen in die Kommentare.