Thomas Engst

Ein Gastbeitrag von Jella Schnirch M.Sc., Berufsnaturschützerin und Mentorin in der Umweltbildung im Haus der Flüsse (Sachsen-Anhalt).

Vor allem zu Silvester und anderen besonderen Anlässen lassen wir traditionell die (Sekt‑)Korken knallen. In angenehmer Gesellschaft genießen viele zudem gern ein gutes Glas Wein. Aber was passiert eigentlich mit dem Korken nachdem die Flasche geleert ist? Die meisten werfen den Flaschenkorken vermutlich in den Müll, doch dafür ist er eindeutig zu schade! Denn wusstest du, dass Naturkorken so viel mehr als bloß Flaschenverschlüsse sein können? Kork ist ein vielseitiges Naturprodukt, eine klimafreundliche Ressource und seine Nutzung trägt ganz wesentlich zum Erhalt einer einzigartigen und gefährdeten Natur- und Kulturlandschaft bei. Aber der Reihe nach – bevor ich mit meinem flammenden Appell zur Naturkorkennutzung einsteige, vielleicht ein paar Hintergründe.

Korken in unterschiedlichen Variationen (Foto: Jella Schnirch).

Was ist Kork eigentlich, was macht ihn so besonders und wie wird er genutzt?

Bei Kork handelt es sich ganz einfach um die Rinde der Korkeiche (Quercus suber), einer mediterranen Verwandten der heimischen Eichenarten. Sie wächst in Spanien und Portugal sowie in Italien, Frankreich und Nordafrika, wo sie traditionell für die Herstellung von Flaschenkorken und inzwischen auch für diverse andere Produkte genutzt (bereits seit der Antike!). Dabei wird die dicke Korkrinde behutsam von Fachhand abgeschält, der Stamm dabei jedoch nicht beschädigt. Die Korkeiche bildet die Rinde immer wieder neu aus und kann so alle 9-10 Jahre erneut geschält werden – viele Male in ihrem rund 200-jährigen Leben.

„Kork – ein starker Stoff“ titelt der NABU Hamburg. Denn Kork hat außergewöhnliche und äußerst praktische Eigenschaften. Als elastisches, leichtes, wärme-, kälte- und schallisolierendes Naturmaterial, das nahezu unverrottbar und schlecht brennbar ist, eignet sich Kork ideal als Isolier-, Dichtungs- und Dämmmaterial. Er ist somit eine wertvolle Ressource und natürliche Alternative zu oft umweltbelastenden Kunststoffen. Hinzu kommt, dass wie im Holz auch im Kork CO2 gespeichert wird (ca. 6-8g CO2 je Flaschenkorken), solange er nicht der Müllverbrennung zugeführt wird. Dabei gilt: Eine regelmäßig genutzte Korkeiche bindet mehr als dreimal so viel CO2 wie eine ungenutzte. Im Gegensatz zu Kunststoffflaschenverschlüssen haben Flaschenkorken daher eine gute Klimabilanz und können noch dazu einfach und sinnvoll recycelt werden. Und genau hier setzt die KORKampagne des NABU Hamburg seit 1994 erfolgreich an.

Kunstkorken sind umweltschädlich, erkenn- und vermeidbar (Foto: Jella Schnirch).

Die KORKampagne – ein Projekt, das Soziales, Naturschutz und nachhaltige Ökonomie verbindet

Im Rahmen der KORKampagne werden so viele Naturkorken wie möglich gesammelt und recycelt. Die einstigen Flaschenkorken werden so zu ökologisch wertvollem Dämmgranulat für den Hausbau oder zu natürlicherweise mikroplastik- und schadstofffreiem Füllgranulat für Sportplätze. Dies erfolgt in gemeinnützen Betrieben und Inklusionsunternehmen für benachteiligte Menschen, sichert dort Arbeitsplätze und stärkt die regionale Produktwertschöpfung. Und damit nicht genug. Ein Teilerlös dieser Verarbeitung fließt zum einen in Projekte zum Kranichschutz in Deutschland (an der mittleren Elbe) und zum anderen in die Naturschutzarbeit Spaniens, in den Erhalt der Jahrhunderte alten, traditionell nachhaltig bewirtschafteten Kulturlandschaft der Korkeichenwälder (sogenannte Dehesas). Ihre Nutzung kommt dabei nicht nur der dortigen Korkwirtschaft und den damit verbunden Arbeitsplätzen zugute, sondern erhält auch eine einzigartige und wertvolle Natur – die „mediterranen Savannen“ Südeuropas. Sie zählen zu den artenreichsten Lebensräumen Europas und sind Heimat einer Vielzahl bedrohter Tier- und Pflanzenarten, die z.T. nur dort existieren. Seltene Arten wie Pardell-Luchs, Großtrappe oder Spanischer Kaiseradler sind nur einige von ihnen. Eine herausragende Zahl an nordeuropäischen Zugvögeln finden hier ihre letzten Refugien und unverzichtbare Rastplätze auf ihrem Weg in die afrikanischen Winterquartiere.Auch die über 100.000 Kraniche aus Mittel- und Nordeuropa tanken hier neue Energie, indem sie die Eicheln der Korkeichen als Winternahrung aufnehmen.

Augen auf bei der Flaschenwahl

Bis vor einigen Jahren war Naturkork als Flaschenverschluss quasi konkurrenzlos. Mit der Einführung von Plastik- und Schraubverschlüssen gibt es inzwischen jedoch günstigere Alternativen. Zwar steigt die Nachfrage von Kork als Granulat-Rohstoff zur Wärmedämmung und anderen industriellen Anwendungen immer stärker, im Vergleich zur Flaschenkorkenproduktion erzielen diese Granulate jedoch nur einen Bruchteil an Gewinn. Hinzu kommt, dass die Korkrinde zur Granulatgewinnung weniger dick sein muss, die Eichen damit früher, häufiger und nicht mehr nachhaltig geerntet werden. Bei weiter sinkender Flaschenkorknachfrage wären viele der Korkbauern und -bäuerinnen aus wirtschaftlichen Gründen gezwungen auf wenig nachhaltige Kiefern- oder Eukalyptusplantagen umzusteigen. Damit gehen sowohl das Traditionshandwerk als auch die einzigartige Natur, mit ihrer enormen Bedeutung für unzählige Tier- und Pflanzenarten, verloren. Der bewusste Kauf von hochwertigen Korkprodukten und insbesondere (Massiv-)Korken, verhindert also aktiv die Übernutzung der Korkeichenwälder und schafft die höchste Wertschöpfung. Mit dem Korkgranulat aus Altkork kann zudem ein Teil des Korkgranualtbedarfs durch Recycling gedeckt werden und trägt so ebenfalls zur nachhaltigen Bewirtschaftung der wertvollen Korkeichenwälder bei (da keine Konkurrenz).

Du findest die KORKampagne genauso unterstützenswert wie ich? (auch falls kein*e Wein- oder Sekttrinker*in)

  • einfach Korken sammeln (selbst oder bei Freund*innen/Kolleg*innen)
  • Korken bei einer Sammelstelle der KORKampagne abgeben
  • selbst Neben- oder Hauptsammelstelle werden
  • mit Freund*innen, Bekannten und Kolleg*innen über das Korkensammeln und die KORKampagne reden
  • oder Wunschbeitrag spenden (die Unterstützer*innen der KORKampagne arbeiten rein ehrenamtlich!)

Du willst mehr zum Thema erfahren, suchst die nächstgelegene Sammelstelle bei dir um die Ecke oder möchtest selbst eine Sammelstelle einrichten, dann besuch eine der Hauptsammelstellen der KORKampagne, z. B. das Haus der Flüsse in Havelberg, oder schaut hier vorbei: Die NABU-KORKampagne – NABU