Thomas Engst

Der Weg zum Salzländer Kulturstempel verbindet kulturelle und technische Sehenswürdigkeiten gleichermaßen miteinander und schafft somit den Spagat zwischen Natur, Kultur und Errungenschaften der Technik. Eines der menschgemachten Sehenswürdigkeiten ist das Pretziener Wehr nahe Schönbeck (Elbe). Das Wehr ist Teil eines rund 900 Meter langen Querdamms im Elbe-Umflutkanal. Der Sandstein-Unterbau der Anlage ist 162,8 Meter lang, 7,5 Meter breit und 3,8 Meter hoch. Darauf sind zwei Widerlager und acht Mittelpfeiler von 5,75 Meter Höhe angeordnet. Zwischen den Widerlagern und Pfeilern befinden sich neun Joche mit einer lichten Breite von 12,55 Metern; die nutzbare Durchflussbreite beträgt somit 112,95 Meter. Jedes Joch ist durch acht Losständer unterteilt und durch 36 eiserne Schützentafeln verschlossen. Zum Schutz vor Auskolkungen schließt sich unterhalb des Wehrs ein acht Meter breites Sturzbett an.

Die Elbe verläuft in Höhe des Pretziener Wehrs in einem sechs bis acht Kilometer breiten Urstromtal, in dem sich der Flusslauf ohne menschliche Eingriffe unter Bildung von Mäandern ständig verändern würde.

Die je 100 Kilogramm schweren und 1,31 mal 0,83 Meter großen Schützentafeln können nach oben weggezogen werden. Dazu schiebt man zwei elektrisch betriebene Winden auf Gleisen von Joch zu Joch und zieht die Schützentafeln mittels Seilzügen einzeln hoch. Die freistehenden Losständer werden per Handwinde ausgeklinkt und nach oben geknickt, um Schwemmgut und eventuell vorhandenen Eisschollen einen freien Durchfluss zu ermöglichen. Beim Öffnen des Wehrs wird in der Regel zunächst die oberste Reihe der Schütztafeln entfernt. Dadurch bildet sich unterhalb des Wehrs ein Wasserpolster, was die Gefahr von Kolkbildungen vermindert. Anschließend wird, beginnend in der Mitte, jochweise komplett geöffnet. Das Öffnen dauert heute rund fünf Stunden beim Einsatz von 16 Mitarbeitern.

Das Pretziener Wehr ist eine durchaus beeindruckende Anlage.

Bundesweite Bekanntheit erlangte das Wehr während des Elbhochwassers im August 2002, als die Elbe und einige ihrer Nebenflüsse weite Teile Sachsens und Sachsen-Anhalts überfluteten. Messungen am 19. August 2002 zufolge flossen rund 1050 Kubikmeter pro Sekunde durch den Umflutkanal ab. Dies entsprach 24 Prozent des Abflusses in Barby. Durch die Nutzung des Kanals sank der Wasserspiegel in Schönebeck um 70 Zentimeter und in Magdeburg um 50 Zentimeter. Die theoretische Leistungsfähigkeit des Umflutkanals wird mit 1200 Kubikmeter pro Sekunde angegeben.

Die Stationen des Salzländer Kulturstempels sind durch knallrote Stempelkästen markiert.