Thomas Engst

Das Schöne an der Botanik ist, dass man sie nahezu überall betreiben kann. Auf jedem Spaziergang gibt es etwas zu entdecken. Dabei ist es nie sicher, was genau entdeckt wird. Selbst altbekannte Fundorte von Pflanzenarten müssen mitunter mehrfach angelaufen werden, will man die ins Auge gefasste Art blühen sehen. So erging es mir im letzten Jahr mit der Borstigen Glockenblume. In Sachsen-Anhalt gibt es nur noch einen Fundort und den liegt ich im Juli 2019 an. Leider wenige Tage zu spät, denn die Blüten waren bereits am Verwelken. Tja, nun hieß es also warten. Ziemlich genau ein Jahr braucht es, bis ich nach mehreren Kontrollgängen (ein weiteres mal wollte ich nicht zu spät kommen) wieder im Juli, diesmal 2020, vor den noch geschlossenen Blütenköpfen stand. Puh, wenigstens nicht zu spät. Zeit also, das Netz enger zu ziehen. Nahezu täglich suchte ich die bekannte Stelle auf und schaute mir die Blüten ganz genau an. Nicht selten blieb ich den ganzen Tag in der Gegend und schaute am Nachmittag noch einmal vorbei. Ja nichts verpassen.

Die Borstige Glockenblume (Campanula cervicara).

Gestern war es dann soweit. Campanula cervicaria , Rote Liste 1 in Sachsen-Anhalt und damit “vom Aussterben bedroht”, streckte ihre Blüten in die kalte Morgenluft. Mein Herz schlug schneller und ging zusammen mit den lilafarbenen Kronblättern auf. Ein Jahr warten und es hat sich gelohnt. Bei der Gelegenheit zählte ich die blühenden Individuen sowie nicht blühende Rosetten und verglich diese mit den Zahlen der Altfunde. Der Bestand ist weitgehend stabil und als kleinen Bonus fand ich noch eine blühende Pflanze abseits der bekannten Population. Hier schaue ich in den nächsten Jahren genauer hin und wer weiß, vielleicht werden es ja mehr Borstige Glockenblumen.