- Mit Brachflächen gegen das Artensterben in der Landwirtschaft - 23. August 2024
- Was bleibt vom Volksbegehren “Rettet die Bienen”? - 9. August 2024
- [Buchtipp] “Naturkalender 2025 – Illustrationen von Christoph Schmidt” - 17. Juli 2024
Manche botanische Entdeckungen geschehen eher zufällig. Die Wilde Tulpe (Tulipa sylvestris) habe ich eher nebenbei entdeckt, als ich auf der Pirsch nach einer gänzlich anderen Pflanzenart war. Sei’s drum, so ein botanisches Schätzchen nehme ich doch gerne. Tulipa sylvestris ist eine ausdauernde krautige Pflanze, die Wuchshöhen von meist 30 bis 45 (10 bis 60) Zentimetern erreicht. Dieser Geophyt bildet Zwiebeln als Überdauerungsorgan aus. Oft entwickeln die Zwiebeln unterirdische Stolonen, welche die vegetative Vermehrung sicherstellen.
Gewöhnlich werden drei Blätter pro Pflanze ausgebildet, in seltenen Fällen können sie auch zu viert stehen. Die einfachen, blaugrün gefärbten Laubblätter sind ungestielt. Die Form der Spreite variiert von schmal-lanzettlich bis linealisch und läuft in einer spitzen, rinnenartig gebogenen Blattspitze aus. Der Blattrand ist glatt ausgestaltet. Die Blätter fühlen sich relativ weich an, sind unbehaart und von glatter Struktur. Sie entwickeln eine Länge von etwa 15 bis 35 cm und eine Breite zwischen 1 und 2 cm.
Pro Pflanze entwickelt sich gewöhnlich eine endständige, schwach duftende, glockenförmige Blüte. Selten können zwei Blüten an einer Pflanze beobachtet werden. Die sechs Blütenhüllblätter sind zu zwei Kreisen à drei Blütenhüllblätter angeordnet. Die Blütenhüllblätter des äußeren Kreises sind 30 bis 40 (bis 65) mm lang und 8 bis 15 (bis 25) mm breit, die des inneren Kreises sind 30 bis 40 (bis 60) mm lang und 15 bis 20 (bis 25) mm breit. Die sechs nach vorne spitz zulaufenden, am Grund behaarten Blütenhüllblätter sind an ihrer Innenseite leuchtend gelb gefärbt, die Außenseite weist bisweilen eine grünliche oder rötliche Tönung auf. Auch die sechs fertilen Staubblätter stehen in zwei gleichen Kreisen zusammen. Sie zeichnen sich durch flache, 8 bis 14 mm lange, behaarte Staubfäden mit auffallend orangefarbenen Staubbeuteln aus. Die Länge der Staubbeutel variiert zwischen 4 und 9 Millimeter. Die Wilde Tulpe besitzt einen hellgrünen, etwa 10–12 Millimeter langen, oberständigen Fruchtknoten, der aus drei miteinander verwachsenen Fruchtblättern besteht. Scheidewände unterteilen ihn in drei Fruchtknotenfächer. Jedes Fruchtfach enthält zwei Samenleisten. Da kein Griffel ausgebildet ist, schließen drei kurze, gelbe Narbenlappen den Fruchtknoten ab.
Die Blüten sind homogame, wohlriechende „Nektar führende Scheibenblumen“ mit einem sich im Sonnenlicht ausbreitenden Perigon. Die Nektarabsonderung erfolgt an der äußeren Staubblattbasis. Die papillösen Narben scheiden eine zuckerhaltige Flüssigkeit ab, die gelegentlich von Insekten aufgenommen wird. Insekten übernehmen auch die Bestäubung. Die Blütezeit erstreckt sich von April bis Mai. In Gebüschen oder Wäldern bleiben die Pflanzen in der Regel blütenlos (steril), bedecken aber oft größere Flächen mit ihrem Laub.
Der Ursprung liegt in Südeuropa (Sizilien, Griechenland), Nordafrika und der Türkei. Immer wieder wird behauptet, die Pflanze sei durch die Römer nach Mittel- und Westeuropa eingeführt worden, es scheint dafür jedoch keine Belege zu geben. Eventuell wurde die Weinbergtulpe im maurischen Andalusien unter dem Namen „Makedonische Zwiebel“ oder „Eimer-Narzisse“ als Zierpflanze angebaut. Man nahm an, dass sie aus Alexandria stammte. Die Identifikation ist jedoch nicht völlig gesichert. Die Weinbergtulpe wurde in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts von Bologna als Zierpflanze nach Mitteleuropa eingeführt.
Im Laufe der Zeit verwilderte sie, daher findet man diese insgesamt seltene Art am ehesten am Rand alter Gartenkulturen oder in Weinbergen als Stinsenpflanze. Auf dem Gelände des Schlosses Brake in Lemgo befindet sich eines von nur drei bekannten Vorkommen in NRW und ist vermutlich auf verwilderten Zierpflanzen eines Barockgartens zurückzuführen. Weitere bevorzugte Standorte sind: Wälder, Gebüsche, Hecken und Weinberge mit fetten, feuchten, steinarmen Lösslehmböden, mit warmen Klima. Sie ist nahezu in ganz Europa anzutreffen.
Schreibe einen Kommentar