Thomas Engst

Auch wenn es in diesen Tagen gerne verdrängt wird, nach der Krise ist vor der Krise. In unserem Falle gilt das besonders. Wenn Corona irgendwann aus der Welt ist und sich die Wogen der derzeitigen Hektik gelegt haben, bleibt immer noch die Klimakrise, welche nach wie vor einem Damoklesschwert gleich über unseren Köpfen kreist. Schon länger frage ich mich, wieso angesichts COVID-19 so drastische Maßnahmen ergriffen werden, der Kampf gegen den Klimawandel aber ein solch entschlossenes, staatenübergreifendes Vorgehen vermissen lässt? Nun, womöglich liegt es daran, dass die Klimakrise keine unmittelbare Bedrohung und somit noch weniger greifbar als Corona ist. Auch werden zahlreiche Akteure der heutigen Politik bereits unter der Erde liegen, wenn die Klimafolgen so richtig auf den Putz hauen.

Wenn die Krise und ihre unangenehmen Auswirkungen, gegen die COVID-19 verschwindend gering ausfällt, noch viele Jahre auf sich warten lassen, fällt es eben leicht, abzuwarten und nichts zu tun. Dabei gibt es genügend Anzeichen dafür, dass das Weltklima aus den Fugen geraten ist. Ein Blick über den Tellerrand bzw. in die Nachbarstaaten bringt mitunter neue Erkenntnisse und weitet den Horizont. Ein solcher Tellerrand ist bspw. die Schweizer Akademie der Naturwissenschaften, die sich seit Jahren sehr engagiert für den Erhalt der heimischen Artenvielfalt einsetzt. In den letzten Tagen wurde der Jahresbericht 2019 publiziert und zeigt in sehr gut aufbereiteter Form die aktuelle Situation der Biodiversität.

Wer aber nun frische Zahlen zu Flora und Fauna erwartet, der wird leider enttäuscht. Vielmehr geht es in dem Bericht um die laufenden und geplanten Vorhaben zu mehr Biodiversitätsschutz. Erwähnt werden mögliche Lösungswege, um Klimawandel und den Verlust an Artenvielfalt unter einen Hut zu bekommen sowie die enkeltaugliche Gestaltung der Zukunft. Auch wird darauf eingegangen, welche wichtige Rolle der Schulbildung zukommt. Ein Punkt, den wir hier in Deutschland auch mal aufgreifen müssen. Das BISA-Projekt aus Bayern macht da schon einen guten Anfang und leistet wertvolle Arbeit für ein besseres Naturverständnis der Schülerinnen und Schüler.

Für uns als Nichtschweizer sind die Jahresberichte der Akademie eine etwas müßige Sache aber durchaus einen Blick wert, bei dem man sich die ein oder andere Denkanregung holen kann.