Thomas Engst

Obwohl die letzten Tage im Salzlandkreis wieder deutlich kälte waren, bringen sich bereits ein paar Frühblüher in Stellung. Klar, es ist erst Februar und immer noch Winter aber die Temperaturen sind alles andere als winterlich. Wie dem auch sei, neben dem Felsen Goldstern (Gagea bohemica) macht sich u.a. das Scharbockskraut (Ficaria verna) für die neue Blühsaison bereit. Daher ist es auch Teil des heutigen Artportraits. Das Scharbockskraut ist eine frühjahrsgrüne, ausdauernde, krautige Pflanze, die Wuchshöhen von 10 bis 20 cm erreicht. Es werden jährlich neu etwa 1 bis 2 cm lange, feigwarzen-ähnliche Wurzelknollen als Stärkespeicher gebildet. Die Erneuerungsknospen bilden sich an dem dicht unter der Oberfläche liegenden Rhizom. Der niederliegende bis aufsteigende, hohle Stängel ist kahl. Die ungeteilten Laubblätter besitzen lange Blattstiele. Die einfache Blattspreite ist herz- bis nierenförmig und oft fettig-glänzend mit gekerbtem Blattrand.

Auffallend sind ihre einzeln stehenden und lang gestielten, goldgelben und sternförmigen Blüten, die einen Durchmesser von 1,5 bis 6 cm besitzen. Es sind drei, selten fünf kelchblattartige Hüllblätter vorhanden. Es sind acht bis elf (im Unterschied zu den Hahnenfuß-Arten) Kronblätter vorhanden, welche im botanischen Sinne blumenblattartige Nektarblätter sind. Ihre auffällige Färbung lockt zur Blütezeit (März bis Mai) zahlreiche Insekten an, die am Blütenboden Nektar finden. Bei Berührung der zahlreichen Staubblätter erfolgt die Bestäubung. Im Unterschied zu den „echten“ Hahnenfüßen Ranunculus s. str. haben die Nüsschen eine verlängerte Basis, der Griffel (Schnabel) ist reduziert. Hierfür muss aber ganz genau hingeschaut werden.

F. verna ist schwerpunktmäßig in Nord- und Mitteleuropa beheimatet. Es kommt aber auch in Kleinasien und in Nordafrika vor, meidet aber in Europa den äußersten Norden. In den Allgäuer Alpen steigt es in bis zu 1800 m Höhe auf. Es gedeiht meist in feuchten Wiesen, Gebüschen, Hecken oder dichten Laubwäldern und an Laubwaldrändern und ist dort im Frühling anzutreffen. Dort bildet sie zumeist die erste grüne Bodenschicht (Krautschicht), noch bevor die Bäume ihre Blätter entwickeln. Hinter dieser Eile steckt ein wohl durchdachter Plan. Solange die Bäume noch kein Laub tragen, gelangt ausreichend Licht auf den Erdboden und liefert beste Voraussetzungen für die dringend notwendige Photosynthese. Zu dieser frühen Jahreszeit ist F. verna nahezu konkurrenzlos.

Das Scharbockskraut ist aber nicht nur eine optisch schöne Pflanze, sondern wird auch aufgrund ihrer vielseitigen Verwendungsmöglichkeiten geschätzt.

Wenn man die jungen Blätter erntet, bevor die Blüten kommen, kann man sie als kleine Beigabe zu Salaten oder Quark nehmen. Sie bereichern das Essen mit einem „herben, etwas scharfen Geschmack“. Nur vor der Blütezeit scheinen sie so wenig Protoanemonin zu enthalten, dass sie in mäßigen Mengen unbedenklich genossen werden können. Die Menge der Protoanemonine ist jedoch nicht allein von der Blütezeit abhängig, sondern auch von Standort und Bodenbeschaffenheit. Der energiereichste Teil des Scharbockskrautes sind die kleinen weißen Speicherknöllchen in den Blattachseln sowie an den Wurzeln. Tritt bei einem Geschmackstest ein „stechend-bitterer“ Geschmack auf, sollten die gesammelten Pflanzenteile vor Verzehr getrocknet werden, um sie zu entgiften. Gefährlich sind Verwechslungen mit anderen Hahnenfuß-Gewächsen, da diese wesentlich größere Mengen an Giftstoffen enthalten.

Scharbockskraut gehörte früher zum Reiseproviant auf Seereisen und wurde von Seefahrern gegessen, die meist kein frisches Gemüse und Obst zu Verfügung hatten. Scharbockskraut enthält sehr viel Vitamin C und verhinderte dadurch Skorbut, eine Vitamin-C-Mangelkrankheit, die Seefahrer früher auf ihren langen Reisen bedrohte. So leitet sich der Name Scharbockskraut von Scharbock ab, einer alten Bezeichnung für Skorbut.

Ficaria verna