Thomas Engst

Es gibt Pflanzen, die sehe ich überaus selten und vor denen ich dadurch stets einen Kniefall mache. Gestern war es dann wieder soweit. Völlig unverhofft fiel mein Blick auf das Große Windröschen (Anemone sylvestris). Inmitten aus einem Birken-Pappel-Saum auf kalkigem Untergrund strahlten die weißen Blütenblätter hervor und ließen mein Herz einen Freudensprung machen.

Anemone sylvestris wächst als sommergrüne, ausdauernde krautige Pflanze und erreicht eine Wuchshöhe von 15 bis 40, selten bis zu 50 Zentimetern. Als Speicher- und Überdauerungsorgan dient ein verzweigtes, kurzes Rhizom mit einem Durchmesser von 10 bis 15 Millimetern. Die drei bis neun grundständigen Laubblätter sind in Blattstiel und Blattspreite gegliedert. Dadurch ist es zweifelsfrei als zu Gattung Anemone gehörend zu erkennen.

Die zwittrige Blüte ist bei einem Durchmesser von 4 bis 7 Zentimetern radiärsymmetrisch.

Die Blütezeit erstreckt sich in Mitteleuropa je nach Standort von April bis Juni. Der abstehend fein-flaumig behaarte oder fast kahle, aufrechte, 10 bis 20, selten bis 35 Zentimeter hohe Blütenstandsschaft trägt gewöhnlich nur eine endständige Blüte, in seltenen Fällen zwei Blüten. Unterhalb der Blüten befinden sich drei wirtelig angeordnete Hochblätter, die 3 bis 25 Millimeter lang gestielt sind.

A. sylvestris besitzt eine einfache Blütenhülle. Die meist fünf, selten sechs freien, weißen Blütenhüllblätter werden etwa 15 bis 20 Millimeter lang, ihre Breite variiert zwischen 10 und 15 Millimetern.

Das Große Windröschen ist ein sommergrüner, mesomorpher, skleromorpher Hemikryptophyt und ein Wurzelknospen-Geophyt. Für einen Hemikryptophyten typisch, befinden sich die Überdauerungsknospen, die durch die Laubdecke oder abgestorbene Blätter geschützt werden, an der krautigen Sprossachse und liegen dicht der Erdoberfläche an. Das Große Windröschen ist eine ausdauernde Pflanze, das bedeutet ein Exemplar blüht und fruchtet mehr als einmal in seinem Leben. A. sylvestris wächst in Europa in lichten Busch- und Kiefernwäldern, insbesondere in Schneeheide-Kiefernwäldern und Kiefern-Steppenwäldern, auf Halbtrockenrasen und in Heiden. Eichenwaldlichtungen, Waldsäume, Böschungen und Hohlwege zählen zu den gerne besiedelten Standorten. Es besiedelt in Mitteleuropa in den Mittelgebirgen mit kalkhaltigem Gestein trockene Gebüsche und sie Säume lichter Trockenwälder, es geht aber auch in aufgelockerte Kiefernbestände.

Die herzförmige Spreitenbasis ist tief handförmig, meist drei- oder manchmal fünfteilig eingeschnitten.

Wie so vielen Pflanzenarten setzen die aktuellen Zeiten auch dem Großen Windröschen arg zu. Die Intensivierung der Landwirtschaft mit Flurbereinigung, erhöhtem Nährstoffeintrag und Ausbau der Wege zerstörte viele Standorte und hat zu einem enormen Rückgang der Populationen beigetragen, so dass das Große Windröschen in ganz Deutschland als gefährdet gilt. Dem Konkurrenzdruck nicht heimischer Arten, welche die Standorte des Großen Windröschens besiedelt haben, ist sie oftmals nicht gewachsen, was die Bestandssituation zusätzlich verschärft.

Anemone sylvestris, das Große Windröschen.