Thomas Engst

Ein Gastbeitrag von Ramona Schüler (Kultur-und Heimatverein Oberstadt e.V.)

Das Engagement um die Ausweisung des „Kleinen Thüringer Waldes“ zum LSG ist uns zu einer Herzensangelegenheit geworden.


Die Umsetzung wäre mehr als vernünftig !


„Heimat ist eine Herzensangelegenheit, eine Sehnsucht, die immer lauter wird.“ So der Ausspruch des Bundestagsabgeordneten Frank Ulrich gemeinsam mit dem Satz von Landrätin Peggy Greiser „Heimat ist für mich eine Region.“ Beide Redebeiträge erfolgten zur Ausstellungseröffnung unter dem Thema Heimat, im Mai vergangenen Jahres, in Kloster Veßra. Dabei weiß Museumsleiterin Claudia Krahnert, dass „Heimat so vieles bedeuten kann, deren Bedeutung sich allerdings im Laufe des Lebens auch ändert.“ Wie Recht sie alle haben, denn ebenso können sich ganze Regionen verändern, sodass die Heimat nicht mehr wiederzuerkennen ist, nämlich dann, wenn man die gesamte Landschaft durch den massiven und stetig beschleunigten Zubau von WKA zum Industriegebiet wird. Da man uns tagtäglich mit dem Narrativ des menschgemachten Klimawandels immer wieder verängstigt, schlimmer noch, uns Schuld einredet, uns aber gleichzeitig verhöhnt und abzockt. Dabei ist das Schutzgut Natur nicht mehr wichtig. Man will zwar das Klima retten, aber die Natur und damit unsere Lebensgrundlagen zerstören.

Wozu diese Schizophrenie, fragt sich hier jeder vernünftig denkende Mensch ? So überheblich und verachtend geht auch unser Grüner Bundeswirtschaftsminister Habeck vor. Der Deutsche Bundestag hat auf seine Anregung hin, zwischenzeitlich verschiedene Gesetzesänderungen und Ergänzungen zugunsten der Windkraft vorgenommen. Diese finden vor allem Niederschlag im EEG, im Baugesetzbuch, im Wind-an-Land-Gesetz sowie im Bundesnaturschutzgesetz, insbesondere die Öffnung von Landschaftsschutzgebieten für den Klimaschutz und die Energiewende.

Hier wird bewusst in Kauf genommen, das Artenschutz und Biodiversität massiven Schaden nehmen, der nicht wiedergutzumachen geht. In Thüringen weist man seit Jahren gar keine LSG mehr aus. 2009 letztmalig das LSG 81 „Obereichsfeld“. 54 LSG existieren mit einer Fläche von 3855 m2, das entspricht 23 % der Landesfläche Thüringens. LSG sind in der Regel großräumiger als NSG und werden v.a. wegen ihrer landschaftlichen Schönheit und Vielfalt geschützt. Die Schutzbestimmungen sind dabei weniger streng und der Schutz dient auch dazu, die Erholungsfunktion für den Menschen zu gewährleisten, so heißt es auf der Seite des TLUBN. In diese Behörde wurde eine kleine Gruppe des Kultur-und Heimatvereins Oberstadt .V. in Begleitung von Herrn Hartmut Kempf vom NABU Henneberger Land e.V. am 19.10.2023 eingeladen. Herrn Kempf als pensionierter Biologielehrer und leidenschaftlicher ehrenamtlicher Landschaftspfleger, gleichzeitig ehemaliges Naturschutzbeirats-mitglied der Stadt Suhl, liegt das Gebiet des KTW schon immer am Herzen.

Im vergangenen Jahr führte er umfangreiche Kartierungsarbeiten zu Flechten durch. Flechten nennt er sehr sensible Geschöpfe, die als Zwitterwesen zwischen Pilzen und Algen auf ein ganz bestimmtes Klima angewiesen seien. Mit 141 nachgewiesenen Standorten sei der KTW mit einer außergewöhnlich hohen Flechtendichte ausgestattet, was das Kellerklima, kaum Sonneneinstrahlung und möglichst keinen Bodenkontakt hervorruft. Der typische Flechtenduft entwickelt sich durch die hohe Luftqualität. Er bezeichnet diese als Klarluft bzw. Kurluft, die sich sehr gut für Asthmatiker eignet. Deshalb war der persönliche Austausch so überaus wichtig, um viele Hintergründe und Abläufe erläutert zu bekommen, die die Ausweisung des LSG “Kleiner Thüringer Wald“ maßgeblich verhindern. Hauptsächlich sollten ungeklärte Fragen zum internen Kurzgutachten beantwortet werden.

Frau Beate Schrader, Referatsleiterin des Referats 32 – Schutzgebiete und Herr Holm Wenzel, erstellender Gutachter empfingen uns auf das Freundlichste. Die wohl wichtigste Frage stand dabei im Raum. „ Warum ist das Gebiet überaus schutzwürdig, aber nicht schutzbedürftig ?“ Wo wird diese Rechtsgrundlage abgebildet, die unser hartes Urteil untermauert ? Wo findet man die Aussage, dass beide Merkmale zutreffen müssen, um das entsprechende Verfahren einzuleiten ? Daraufhin übergab uns Frau Schrader eine Kopie der Einzelnorm aus Frenz/Müggenborg, BNatSchG, 3.Aufl. 2021, §22 BNatSchG Erklärung zum geschützten Teil von Natur und Landschaft. Zur Frage der Schutzwürdigkeit liest man Folgendes: „ Sie bemisst sich nach den gesetzlichen Schutzzwecken, die in den einzelnen Schutzkategorien der §§ 23-29 niedergelegt sind. Ein Teil von Natur und Landschaft ist schutzwürdig, wenn er die in der jeweiligen gesetzlichen Schutzzweckbestimmung aufgeführten Tatbestandsmerkmale erfüllt.“ Herr Holm Wenzel, seit 1991 in der Fachbehörde tätig, attestierte in seinem Gutachten die Schutzwürdigkeit des KTW und zeigte sich auch als Kenner der hiesigen Region.

Er selbst betonte viele Vorzüge und sprach die Eignung an. Aber folgende Aussage über die Schutzbedürftigkeit lässt auch ihn ernüchternd zurück. ……“ Allein die Schutzwürdigkeit eines Gebietes macht dessen Unterschutzstellung noch nicht erforderlich, vielmehr muss noch dessen Schutzbedürftigkeit hinzutreten. Diese ist gegeben, wenn ein Teil von Natur und Landschaft gefährdet ist. Dabei ist nach der Rechtsprechung allerdings keine konkrete Gefährdung oder gar eine Schädigung erforderlich. Ausreichend ist eine abstrakte Gefährdung der Schutzgüter in der Weise, dass ein Schadenseintritt nicht bloß als entfernte Möglichkeit in Betracht zu ziehen ist. … allerdings wäre es zu weit gehend die Unterschutzstellung gewissermaßen vorsorglich als „Instrument der Gefahrenverhütung“ einzustufen. Es müssen zumindest Anhaltspunkte vorliegen, dass die Schutzgüter ohne die Unterschutzstellung aufgrund einer besonderen Gefährdungslage abstrakt bedroht werden.“ An dieser Stelle werden nun wichtige, ernsthafte, beweisbare und nicht nur abstrakte Gefahrenpotentiale genannt, die auch die beiden Verwaltungsfachangestellten nicht leugnen können. Zum Einen die immer aggressiver werdenden, im Namen der Energiewende wirtschaftenden Agrarunternehmen, die ihre Biogasanlagen befüttern, dazu Biomasse ohne Ende benötigen und gleichzeitig die anfallende Gülle auch wieder ausbringen müssen. Es wird kein Halt gemacht vor Magerrasenhängen, die vor Kurzen noch mit Schafen abgeweidet wurden, es wird mit schwerster Technik gemulcht, ungeachtet der katastrophalen Auswirkungen für die so hoch gepriesene Biodiversität. Und zum Anderen die Borkenkäferplage mit der gewinnorientierten Forstwirtschaft, die ebenfalls wütet und die so hoch gelobten landes-und bundesweit außergewöhnlichen Waldkorridore bis zur Unkenntnis kahlschlägt.

Es werden keinerlei Maßnahmen, nicht einmal Versuche unternommen, den Borkenkäferbefall einzudämmen, geschweige denn zu stoppen. Stattdessen wird die wertvolle Ressource Holz ins Ausland verkauft. Hier ist es nicht mehr abstrakt, sondern ganz konkret ! Daraufhin bestätigt auch die Referatsleiterin, wörtlich:“ Dass man nicht sage, es nicht zu wollen, aber mit dem wenigen Personal es auch nicht machbar ist.“ Man benötigt 2 -3 Jahre für ein solches Ausweisungsverfahren und die Hauptpriorität liege nach wie vor auf den NSG, weil es dort doch noch einen strengeren Schutzstatus ergäbe. Außerdem muss man sich um eine Qualitätssicherung in den bereits bestehenden Schutzgebieten kümmern und eine langfristige Landschaftspflege, die auch immer schwieriger wird.

Man versicherte uns jedoch, das Gebiet des KTW weiterhin in den Arbeitsplan aufzunehmen und das eine Prüfung der Dringlichkeit für eine mittelfristige Arbeitsplanung der Oberen Naturschutzbehörde in Vorbereitung sei. Außerdem werde an der Fortschreibung der Biodiversitätsstrategie Thüringens gearbeitet und man wolle selbstverständlich mit uns Südthüringern unbedingt in Kontakt bleiben. Wie sagte Frau Schrader beim Verabschieden: „ Ich weiß, sie werden nicht locker lassen !“ Und hier hat sie völlig Recht, denn die Personalfrage haben wir bereits an den Landtag weitergeleitet und wir werden auch unsere Parlamentarier im Petitionsausschuss nochmals an ihre Aussagen zu unserer Anhörung am 17. Juni 2021 erinnern. Das gemeinsame Statement aller Fraktionen lautete damals: „Ja, wenn es nur an der personellen Ausstattung hängt, dann sollten wir entsprechende Bedingungen schaffen.“ Zeitnah am 25.Juni 2021 stellte bereits die Fraktion der AfD an die Präsidentin des Thüringer Landtages Frau Birgit Keller den Antrag: Thüringer Landschaften erhalten, ländlichen Raum stärken.

Unter Punkt 5 stellen sie fest, dass die beteiligten Behörden über eine angemessene personelle und finanzielle Ausstattung verfügen müssen und fordern die Landesregierung dazu auf, ein tragfähiges Konzept zur gleichwertigen Ausweisung von LSG und NSG auf Landesebene zu erarbeiten und die Behörden so auszustatten, dass das Konzept auch zeitnah umsetzbar ist. Denn die UN-Artenschutzkonferenz fordert bis 2030 30% der europäischen Land-und Meeresgebiete in wirksam bewirtschaftete Schutzgebiete umzuwandeln. Mit diesem Hintergrund und der Maßgabe, so bestätigen uns beide Gesprächspartner in Weimar, ist dies in Thüringen mit den wenigen Mitarbeitern nicht umsetzbar. Strafzahlungen stehen hier gewiss auf der Tagesordnung. Eines macht uns jedoch weiterhin stutzig. Unsere ehemalige Umweltministerin Frau Anja Siegesmund beantwortete eine Kleine Anfrage Nr: 2245 zur Ausweisung des KTW als LSG mit folgender Passage:“ Nach dem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 21.07.1997 (Az: 4 – BN 10/97) liegt es im Normsetzungsermessen des zuständigen Verordnungsgebers, ob ein Naturraum, der die Voraussetzungen für eine Unterschutzstellung erfüllt, als LSG ausgewiesen wird. Eine erzwingbare Pflicht, Schutzanordnungen zu treffen, begründet das BNatSchG nicht. Die Frage, ob Petitionen einen Einfluss auf Ausweisungen hätten, beantwortet sie am 3.August 2021, dass ihr keine Petitionen bekannt wären, welche die Ausweisung von NSG oder LSG zum Ziel hätten.

Unterstützende Anregungen und Hinweise von Bürgerinnen und Bürgern sowie Verbänden und Initiativen im Rahmen des Verfahrens werden stets begrüßt und im Rahmen der Abwägung nach Möglichkeit auch berücksichtigt. Der jetzt amtierende Umweltminister Bernhard Stengele bekräftigte im Sommerinterview des mdr, dass Thüringen in Fragen des Umwelt-und Naturschutzes sehr viel tue. Ob unser Anliegen mittlerweile im Ministerium angekommen ist ? Ja, unsere Heimat – sie ist im Herzen und lässt es beim Gedanken an sie höher schlagen. Sie ist ein Wohlfühlort und sie soll es bleiben, dafür kämpfen wir weiter.
Kultur-und Heimatverein Oberstadt e.V.