Thomas Engst

Das Thema Wolf ist brisant wie eh und je. Besonders in Wahlkämpfen ist es ein polarisierendes Thema. Schaut man oberflächlich auf die Debatte, so scheint es nur pro oder contra zu geben. Dennoch gibt es durchaus Stimmen, die beide Seiten der Diskussion versöhnen wollen. Am besten eignet sich Aufklärung und Information. Die sogenannte “NINA-Studie”, welche historische Wolfsangriffe untersuchte, trägt zur Information bei und zeigt einmal mehr, dass durch Wölfe verursachte Angriffe auf den Menschen sehr unwahrscheinlich sind.

Angriffe von Wölfen auf Menschen weltweit und Tollwutgebiete 2002-2020 (Quelle: NINA-Studie).

Die “NINA-Studie” wurde vor 20 Jahren vom Norwegischen Institut für Naturforschung erstellt. Federführend dabei die Forscherinnen und Forscher um Dr. John Linnel, einem anerkannten Wildtierexperten. NINA ist eine bis dahin einmalige Studie, die die historischen Übergriffe von Wölfen auf Menschen recherchierte und somit eine verlässliche Übersicht lieferte. Die Ergebnisse zeigten schon damals, dass es zwar Angriffe durch Wölfe gab, die Wahrscheinlichkeit dafür jedoch sehr gering war.

Seit dem ursprünglichen Erscheinen der Studie im Jahr 2002, hat sich die Wolfspopulation in Europa stark vergrößert. Zum Unmut einiger Gegner des Wolfes. Aber bedeutet dieser Zuwachs an Tieren auch ein erhöhtes Risiko an Angriffen? Um das zu beantworten, finanzierten NABU, WWF und IFAW (Internationaler Tierschutz-Fonds) eine Neuauflage der besagten Studie.

Übersicht der zwischen 2002 und 2020 durch die Studie weltweit dokumentierten Übergriffe
von Wölfen auf Menschen unterteilt nach Ursachen für die Angriffe und tödlichem oder nicht
tödlichem Ausgang (Quelle: NINA)

Im Zeitraum von 2002 bis 2020 fanden die Wissenschaftler weltweit 489 Angriffe, von denen 26 tödlich endeten. Schwerpunktregionen für Konflikte sind der Iran, die Türkei und Indien. Der Großteil (78 Prozent) der Angriffe lässt sich auf eine Erkrankung mit Tollwut zurückführen. Schauen wir nach Nordamerika und Europa sehen die Zahlen anders. In den zurückliegenden 18 Jahren wurden lediglich 14 Menschen Opfer eines Wolfsangriffs. Zwei Fälle, beide in Nordamerika, endeten tragischerweise tödlich. Tollwut spielt in beiden Regionen keine Rolle mehr.

Es lässt sich also resümieren, dass Angriffe auf den Menschen durch den Wolf passieren können, die Wahrscheinlichkeit aber sehr gering ist. Menschliches Fehlverhalten wie Anfüttern der Tiere erhöhen die Chancen, jedoch ist das Tier in diesem Falle unschuldig.