Thomas Engst

Zugegeben, ein Schafstall als Sehenswürdigkeit auszuweisen klingt auf den ersten Blick nicht gerade einfallsreich. Aber hier täuscht der erste Eindruck. Die 24. Stempelstelle des Salzländer Kulturstempels ist durchaus ein Schafstall mit Bedeutung. Dieser wurde 1827 con Christian Gottfried Bandhauer, einem bektannten Baumeisters des anhaltinischen Klassizismus, in Anhalt-Köthen erbaut. Bandhauers Modell gilt seither als technisches und ästhetisches Vorbild im landwirtschaftlichen Nutzbau. Ungewöhnlich für die damalige Zeit ist die quadratische Grundfläche.

Durch das pagodenartig aufgebaute Zeltdach wird eine Be- und Entlüftung des Inneren ermöglicht. Die Zwischenbalkendecke lässt sich verstellen, welches einen großen Nutzen für das Futtergeschoss bedeutet. Die  Zwischendecke wird von vier massiven Säulen getragen. Für den Bau des Stalls nutze man zahlreiche Holzbalken der Nienburger Hängebrücke, die ebenfalls nach Plänen von Bandhauer errichtet wurde. Leider stürzte diese wegweisende Brücke 1825 ein und forderte 50 Menschenleben. Obwohl Bandhauer ohne Schuld war, erholte sich sein Ruf nie wieder von diesem Vorfall. Dennoch zählt Bandhauer bis heute zu den wichtigsten und bedeutendsten Architekten für landwirtschaftliche Nutzbauten. Viele solcher Nutzbauten in der gesamten Welt, u.a. in der ukrainischen Kolonie Askania Nova, gehen auf seine Ideen zurück. Kaum zu glauben, wenn man das halb verfallene und scheinbar wenig beachtete Gebäude vor sich sieht.