Thomas Engst

Die artenreichen Trockenrasen Sachsen-Anhalts sind vornehmlich durch (Über-)Beweidung entstanden. In früheren Zeiten soll es zwischen Halle/Saale und Magdeburg sowie im Harz mehr Schafe und Ziegen als Menschen gegeben haben. Heutzutage ist so ein Größenverhältnis unvorstellbar. Aus diesen Tagen stammen der Großteil der hiesigen Trockenrasen und ihre noch (!) ansehnliche botanische Artenvielfalt. Die vielen Herden mit ihren zahlreichen Weidetieren (vornehmlich Ziegen und Schafe) sorgten mit ihren Tritten und Wälzungen auf den Trockenrasen für ausreichend Störstellen, schufen den für viele Pflanzen dringend notwendigen Offenboden und hielten durch Verbiss die aufkommenden Gehölze im Zaum. Alles Faktoren, welche die konkurrenzschwachen Arten, darunter viele Orchideen oder Enziane, begünstigten. Positiver Nebeneffekt: die Wanderwege der Tiere sorgten dafür, dass sich im Fell der Tiere festhängende Samen in neue Bereiche ausbreiten konnten. Die Diasporenverbreitung erreichte im 19. Jahrhundert ihren Höhepunkt. Fell und Klauen bei Schafen sind bestens für den Transport von Pflanzensamen geeignet.

 

Die dicke Grasschicht der Trockenrasen resultiert aus fehlender Nutzung und ist gerade für konkurrenzschwache Arten, bspw. Orchideen und Enziane, schädlich.

 

In den letzten Jahrzehnten wandelte sich der öffentliche Bezug zur Schäferei. Vom Fleisch- und Wollverkauf können nur (sehr) wenige Betriebe ihren Lebensunterhalt bestreiten. Viele verdienen ihr Geld mit “Auftragsarbeiten”, bspw. Landschafts- oder Deichpflege. Trotz dieser wichtigen und verantwortungsvollen Aufgabe, haben die Schäferinnen und Schäfer einen schweren Stand. Viele Bundesländer schmücken sich mit dem idyllischen Bild von Schafherden, loben den althergebrachten Berufsstand aber schaffen im selben Augenblick die Weidetierprämie ab oder machen die Förderungen für Naturschutzleistungen so bürokratisch, dass die Nachfrage nach solchen Projekten gering ausfällt. Sachsen-Anhalt stellt die Förderungen für freiwillige Naturschutzleistungen gleich ganz ein. Eine Schande in meinen Augen.

Ein leistungsstarker Freischneider mit Dickichtmesser ist der Ersatz für fehlende Weidetiere.

Mit jeder fehlenden Schafherde, fallen weiter Lebensräume brach. Die eingangs erwähnten Trockenrasen sind von dieser Entwicklung am meisten betroffen. Die Folgen dieser ausbleibenden Nutzung sind zunehmende Vergrasung und Verbuschung der Biotope. Die konkurrenzschwachen (Pflanzen-)Arten haben gegenüber Gräsern und Gehölzen das Nachsehen und verschwinden nach und nach aus der Landschaft. Monotone Fluren sind die Folge.

Das Schnittgut wird nach dem Mähen zu Schwaden zusammengerecht, bevor es…

Damit dies nicht geschieht, pflegt der Arbeitskreis Heimische Orchideen e.V. in Sachsen-Anhalt zahlreiche Standorte und bewahrt mittels manueller Mahd einzigartige Lebensräume. Vergangenes Wochenende war es mal wieder soweit. Es galt eine Anhöhe zu mähen, auf der sich seltene und gefährdete Orchideenarten tummeln. Die Mahd ist dabei lediglich ein Ersatz für Beweidung. Obwohl wir mittels Maschinen ebenfalls Störstellen schaffen und während der Blütezeit nicht die komplette Fläche mähen, sondern Insekteninseln oder -streifen stehenlassen, ist die Mahd einer fachgerechten Beweidung unterlegen. Alleine der fehlende Diasporentransport ist ein Grund, Landschaftspfleger mit Biss zu bevorzugen. Wenn welche verfügbar sind.

…von der Fläche entfernt wird. Der Abtransport ist wichtig, damit keine zusätzlichen Nährstoffe eingetragen werden und sich keine erneute Streuschicht durch Verfilzung bilden kann.

Wichtig bei maschineller Mahd von Trockenrasen, das anfallende Schnittgut muss unbedingt von der Fläche entfernt werden, soll der magere Charakter erhalten bleiben. Zu viel auf der Fläche verbleibendes Mahdgut endet immer in zu viel Nährstoffeintrag. Dies würde erneut die konkurrenzstarken Arten befeuern und schon sind die Zielarten wieder im Nachteil.

Gemähter und vom Mahdgut beräumter Trockenrasen in Sachsen-Anhalt. Ein botanisch wertvoller Lebensraum ist auf die richtige Nutzung angewiesen.