Stefanie Weigelmeier

von Stefanie Weigelmeier.

Die (wohlmöglich) erste wieder in freier Natur am Steinhuder Meer geschlüpfte Europäische Sumpfschildkröte feiert ihren ersten Geburtstag!!!

Die Europäische Sumpfschildkröte (Emys orbicularis) ist die einzige in Deutschland wild vorkommende Schildkrötenart. Sie lebt in stillen oder langsam fließenden Gewässern, im Uferbereich großer Seen und Feuchtgebieten, die schnell von der Sonne erwärmt werden.
Allerdings ist sie sehr selten geworden und gilt in Deutschland als vom Aussterben bedroht.

Intakte Populationen gibt es im deutschsprachigen Raum nur noch in Brandenburg und im Nationalpark Donau-Auen in der Nähe von Wien. In Hessen, Rheinland-Pfalz, Mecklenburg-Vorpommern und in Niedersachsen laufen seit einigen Jahren Wiederansiedlungsprojekte.

Eier ablegen und überleben

In der Umgebung der Wohngewässer müssen Überwinterungsmöglichkeiten und Eiablageplätze vorhanden sein.
Emys überwintert tatsächlich im Wasser. Das bedeutet, das Tier begibt sich auf den Grund des Gewässers und fällt dort in die sogenannte Winterstarre: die Nahrungsaufnahme wird eingestellt und der Stoffwechsel stark reduziert. Die Atmung erfolgt dann logischerweise nicht mehr über die Lunge, sondern über die Haut!

Etwa im März tauchen die Tiere wieder auf. Überwiegend im Juni finden die Eiablagen statt. Die Weibchen legen auf der Suche nach geeigneten Eiablageplätzen oft weite Strecken zurück. Ein solcher Platz ist im Idealfall eine trockene, sandige, der Sonnenwärme ausgesetzte Stelle mit nur wenig Bewuchs. Das Weibchen gräbt ein Loch, legt die Eier (etwa 9-15 Stück) und buddelt das Loch wieder zu. Soweit die Theorie und das haben die meisten auch bestimmt schonmal in einer Tierdoku über Meeresschildkröten gesehen.

Lebensraum ist bedroht

Emys ist, wie ihre marinen Verwandten ebenfalls durch die Folgen menschlicher Eingriffe in ihren Lebensraum bedroht: die Trockenlegung von Sümpfen und Feuchtgebieten, Gewässerkorrekturen, sowie die Zersiedelung der Landschaft und Zerstörung der Eiablageplätze setzen den Schildkröten stark zu.

Früher galt die Schildkröte als Fastenspeise (wie auch beim Biber fand man hier Anzeichen und „Beweise“ die Tiere als Fisch zu klassifizieren). Heute ist der Straßenverkehr wohl die größte Gefahr. Auf der Suche nach Nistplätzen oder auf dem Weg zurück in das Gewässer werden die Weibchen bei der Überquerung von Straßen häufig überfahren. Dabei könnten die Tiere bis zu 70 (gemessen in Gefangenschaft) oder vielleicht sogar 100 Jahre alt werden…

Wiederansiedlung der Europäischen Sumpfschildkröte am Steinhuder Meer

In Niedersachsen, am Steinhuder Meer läuft das Projekt seit 2014. Seitdem wurden insgesamt 377 Tiere freigelassen. Anfang Juni 2022 wurde ein Weibchen bei der Eiablage beobachtet und am 30. August 2022 lag an dieser Bruthöhle eine Eierschale! Das bedeutet: eine erfolgreiche Brut! Im Idealfall feiert dieser kleine Schlüpfling in diesen Tagen den ersten Geburtstag 😊

Zunächst werden regelmäßig weiterhin Jungtiere ausgesetzt. So auch im Juli 2023. Der niedersächsische Umweltminister Christian Meyer war zugegen und gab den kleinen Tieren seine besten Wünsche mit auf den Weg.

Junge Europäische Sumpfschildkröten kurz vor dem Freilassen © Umweltministerium Niedersachsen

Die jungen Schildkröten wurden in der ökologischen Schutzstation am Steinhuder Meer (ÖSSM), im SeaLife Hannover sowie im Nabu-Artenschutzzentrum in Leiferde großgezogen. Vor der Auswilderung müssen die Tiere eine bestimmte Größe erreicht haben, damit sie nicht so leicht von Fischen oder Vögeln gefressen werden. Mit etwa drei Jahren sind die Tiere im Schnitt handtellergroß, dann kann’s losgehn.

Das Projekt wird jährlich mit knapp 60.000 Euro durch den Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) aus den Naturschutzmitteln des Umweltministeriums finanziert.

Der niedersächsische Umweltminister Christian Meyer und eine Sumpfschildkröte am Steinhuder Meer © Umweltministerium Niedersachsen