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- [Buchtipp] Stumme Erde. von Dave Goulson - 19. Dezember 2022
von Stefanie Weigelmeier. –
Wie in einem Tagebuch notierte James Canton über zwei Jahre hinweg seine Besuche bei der Honywood-Eiche. Aus einem sehr persönlichen Grund heraus hat sich der Autor dieser Eiche anvertraut, sie sich vertraut gemacht und sie etwa wöchentlich besucht. Er klettert in den Baum hinein, schmiegt sich in eine Einbuchtung, die vor dem Wetter und manchen Blicken schützt, zu unterschiedlichen Tages- und Nachtzeiten und über zwei Jahre. Aus dieser Verbindung heraus und seinen Erlebnissen an diesem Platz heraus hat er sich des Sujets der Eiche an sich angenommen und in Literatur und Wissenschaft geforscht.
Canton zitiert Passagen aus zahlreichen Gedichten, Romanen, Mythen und Erzählungen, die sich um Eichen ranken. Literarisch spazieren wir durch die Jahrhunderte und bleiben doch an dem Fleckchen Erde, an einer Eiche. Die wohl 800-Jährige lebt auf einem Landgut in Essex. Was sie alles erlebt haben könnte, vermögen wir heutigen uns nur vorzustellen oder anhand überlieferter Quellen rekonstruieren. Heute legt so eine Baum-Veteranin nicht nur historisch Zeugnis ab, sondern stellt auch ein einzigartiges Ökosystem dar, in dem auch hunderte Tiere, Pflanzen, Pilze und Flechten leben. Der Autor schildert davon hauptsächlich ornithologische Begebenheiten, die ihm umso intensiver begegnen, desto mehr er sich innerlich ruhig und in Frieden fühlt.
Um herauszufinden, ob diese Eiche nur auf ihn so eine Wirkung hat und welche Erfahrungen andere Menschen mit Eichen gemacht haben trifft sich Canton mit Baum-Sachverständigen, Förstern, Waldarbeitern und Schreinern, aber auch mit einem Psychologen. Die Erkenntnisse seiner umfangreichen Recherche teilt er in diesem Buch, in einen literarischen Kontext gefasst.

James Canton ist Schriftsteller und unterrichtet an der University of Essex. Das vorliegende Buch ist das erste, das von ihm ins Deutsche übersetzt worden ist. Diese deutsche Übersetzung ist erst vor Kurzem, im Juli dieses Jahres im DuMont Buchverlag erschienen. Das Buch ist eine facettenreiche Mischung aus Selbsterfahrung und Wissensvermittlung, die der Autor wortgewandt und detailliert vermittelt. Es kann ohne Zögern am Stück durchgelesen werden, oder man pickt sich, beispielsweise Jahreszeitenabhängig, einzelne Kapitel heraus. Kein Sachbuch, kein Roman, reiht dieses Buch sich ein in die Kategorie des nature-writing. Ein empfehlenswertes Buch für alle die Bäume mögen und sich gerne in ferne Welten verkrümeln. Vielleicht mag es aber auch dazu anregen, selbst vor die Tür zu gehen und sich einem Baum vertraut zu machen.
In jedem Fall ein perfekter Lesestoff für Tage mit nicht ganz so perfektem Wetter!
Biographie einer Eiche. Von James Canton, aus dem Englischen übersetzt von Sofia Blind. Gebunden mit Lesebändchen, 20,8 x 13.4 cm, 208 Seiten, mit s/w-Abbildungen, DuMont Buchverlag, Köln 2021, Preis: 22 €; ISBN 978-3-8321-8003-4. - und wie immer: support your local book-store!

28. Dezember 2021 um 12:02 pm Uhr
Danke für diesen Buchtipp. Das Buch wäre wahrscheinlich ohne das Lesen dieses Blogs unter dem Radar geblieben.
Tatsächlich habe ich auch so einen Baum, genauer gesagt #DieEiche, die ich wenigstens einmal die Woche ansteuere, ein Foto vom immergleichen Standort mache und so den Baum seit inzwischen über drei Jahren durch die Jahresteiten begleite. Je nach Wetter kann man auch gerne auf dem dicken, abgebrochenen Ast verweilen, um den Sonnenuntergang zu genießen oder sich die Morgensonne ins Gesicht scheinen zu lassen.
Ein Buch werde ich aber sicher nicht schreiben, andererseits, man soll nie nie sagen.