Stefanie Weigelmeier

von Stefanie Weigelmeier. –

Aktuelle Naturschutzpraktiken im Agrarland mögen für oberirdisch lebende Arten wie Vögel und Bienen gut sein, aber das Leben unter der Erde profitiert wahrscheinlich nur wenig davon, schreiben Forschende des Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrums Frankfurt im Fachmagazin „Nature Communications“. Sie berichten, dass die biologische Vielfalt im Boden landwirtschaftlich genutzter Wiesen und Weiden dann am höchsten ist, wenn diese von viel Wald mit altem Baumbestand umgeben sind. Hingegen haben extensive Landnutzung und eine vielfältige Nahumgebung nur wenig Einfluss auf die Vielfalt unterirdisch lebender Organismen.
(Der Originalartikel ist frei zugänglich, Link s.u.)

Pestizidrückstände und deren Abbauprodukte sammeln sich in den oberen Bodenschichten und wirken somit schädigend auf die Bodenorganismen.

Das Bundesamt für Naturschutz (BfN) hat einen Bodenreport veröffentlicht, der auf das Bodenleben in landwirtschaftlich genutzten Böden, insbesondere unter ackerbaulicher Nutzung fokussiert. Er zeigt auf, dass ein diverses und aktives Bodenleben nicht nur grundlegender und bislang häufig ausgeblendeter Bestandteil des Naturhaushaltes ist, sondern auch maßgebliche Grundlage für eine nachhaltig betriebene Landbewirtschaftung.

Die heute auf großer Fläche dominierende intensive und rationalisierte Landwirtschaft beeinträchtigt den Lebensraum Boden mitsamt dem Bodenleben erheblich und versucht den damit einhergehenden Verlust natürlicher Prozesse teils durch vermehrten Einsatz von Technik und Agrochemie zu kompensieren. Mineralische Düngemittel, synthetische Pflanzenschutzmittel und weitere Stoffeinträge akkumulieren sich im Boden und schädigen die dort lebenden und wirkenden Organismen. Auch der Einsatz von immer intensiverer und schwererer Landtechnik verdichtet und verändert das Bodengefüge in einem Maße, in dem es vielen Bodenlebewesen keinen angemessenen Lebensraum mehr bietet.

Der Schutz des Bodens sowie der darin lebenden und wirkenden Organismen soll zum integrierten Produktionsziel erklärt werden um die Bodenfruchtbarkeit langfristig zu steigern. Konservierende Bodenbearbeitungsverfahren sowie eine Anbaudiversifizierung durch erweiterte Fruchtfolgen, Kulturpflanzendiversität und der Anbau von Zwischenfruchtmischungen legen hier die Grundlage. Die Leitsätze des Integrierten Pflanzenschutzes müssen befolgt werden und die Stärkung der natürlichen Schädlingsregulation gegenüber synthetischen Pflanzenschutzmitteln Vorrang erhalten. Das Nährstoffmanagement sollte sich gleichzeitig am Boden und an den Kulturpflanzen orientieren. So müssen Nährstoffe in ausgeglichenem Maße zur Versorgung des Bodenlebens und im Gedanken der Kreislaufwirtschaft vorrangig in organischer Form ausgebracht werden. Verunreinigungen von Düngemitteln durch Medikamentenrückstände, Schwermetalle oder Mikroplastik sind auszuschließen. Da sich viele der vorgestellten Maßnahmen für die Landbewirtschaftenden erst
langfristig auszahlen, ist die Neuausrichtung hin zu einer nachhaltigeren Bodenbewirtschaftung mit entsprechenden Fördermaßnahmen zu untermauern. Um das Wissen um den Wert des Bodenlebens in die Praxis zu bringen, sind zunächst Ausbildungsinhalte und die landwirtschaftliche Beratung um den Aspekt der Bodenbiodiversität zu erweitern. Fördergelder der nationalen und europäischen Agrarpolitik (GAP) müssen stärker an gesellschaftliche Leistungen wie den Schutz von Umwelt-
und Naturschutz gebunden werden. Spezielle Programme zur Förderung des Schutzes von Böden und den darin lebenden Organismen sind in Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen sowie Definitionen zum
„Guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand“ (GLÖZ) zu integrieren.

Der Bericht stellt Maßnahmen vor, die auf zahlreiche Synergien hinweisen zwischen dem allgemeinen Schutz von Biodiversität und Umwelt sowie den positiven Effekten auf die Bodenfruchtbarkeit und damit das Ertragspotential landwirtschaftlich genutzter Böden auf. Dies macht deutlich, dass der Schutz des Bodenlebens als ein gemeinsames Anliegen von Landwirtschaft und Naturschutz begriffen werden muss. (Quelle: BfN)

Der Bodenreport steht auf der BfN-Website zum Download bereit: www.bfn.de/themen/landwirtschaft/veroeffentlichungen.html (BfN)

der etwas kritischere und wissenschaftliche Artikel:

Le Provost, G., Thiele, J., Westphal, C. et al. – Contrasting responses of above- and belowground diversity to multiple components of land-use intensity. Nat Commun 12, 3918 (2021). https://doi.org/10.1038/s41467-021-23931-1