Thomas Engst
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Manchen Pflanzen sieht man ihre Familienverhältnisse auf den ersten Blick an. Das Schöllkraut (Chelidonium majus) ist so eine Art. Sie gehört zu den Mohngewächsen und heute Teil des aktuellen Artportraits. Das Chelidonium majus ist eine sommergrüne, zwei- bis mehrjährige, krautige Pflanze, die Wuchshöhen von bis zu 70 Zentimetern erreicht. Sie bildet ein verzweigtes Rhizom. Ihr Milchsaftist gelb-orange, hinterlässt hässliche Flecken und spielt im späteren Textverlauf noch eine Rolle. Die wechselständigen Laubblätter sind in Blattstiel und Blattspreite gegliedert. Die grün-graue, durch einen dünnen Wachsfilm wasserabstoßend bereifte Blattspreite ist buchtig eingekerbt. Die Blattunterseite ist heller und leicht behaart

Die Laubblätter von Chelidonium majus.

Bei kühlem, regnerischem Wetter sind die Blüten geschlossen und die Blütenstiele senken sich ab. Die Bestäubung erfolgt durch Insekten (Entomophilie). Es erfolgt auch Selbstbestäubung.Die Samen werden durch Ameisen verbreitet und somit kann Chelidonium majus recht schnell neue Bereiche erobern. Nicht immer zur Freude des Gärtners. Ursprünglich war Schöllkraut in den gemäßigten und warm-temperierten Gebieten Eurasiens sowie im Mittelmeerraum weit verbreitet. Nach Nordamerika wurde es von Siedlern mitgenommen, die es als Heilmittel bei Hautkrankheiten verwendeten und gilt daher dort als Neophyt. Diese stickstoffliebende Art wächst verbreitet in der Nähe von menschlichen Wohnstätten, etwa auf Schuttplätzen, an Wegesrändern, in Robinienbeständen und sogar in Mauerspalten, jedoch auch im Gebirge.

Chelidonium majus.

Nun aber zurück zu dem markanten Milchsaft der Art. Beim Abbrechen der behaarten Stängel oder beim Einreißen der Blätter tritt aus gegliederten Milchröhren ein gelb-orangefarbener Milchsaft aus. Der giftige Saft hat einen scharfen, bitteren und sehr unangenehmen Geschmack. Diese unschönen Eigenschaften sollen aber nicht über die Tugenden des Milchsaftes hinweg täuschen. In der Volksmedizin wird der Saft der Pflanze äußerlich bei Hautkrankheiten wie Warzen verwendet, entweder nativ oder als Salbe („Glaucionsalbe“, lateinisch auch „Glaucina“). Als Wirkprinzip werden eiweißauflösende (proteolytische) und antivirale Mechanismen diskutiert. Der Saft sowie die Salbe können stark reizend wirken. Wird jedoch der Saft mehrere Tage auf eine Warze aufgetragen, kann diese vollständig verschwinden. Die Färbung beginnt nach kurzer Zeit und mehrmaligem Händewaschen zu verblassen. Eine äußere Heilwirkung ist belegt, gilt jedoch uneingeschränkt nur für Alters- und Dellwarzen.