Thomas Engst

In regelmäßigen Abständen prüft ie Europäische Union, in dem Falle die EU-Kommission, ob und wie genau die einzelnen Mitgliedsländer die europaweiten Verordnungen umsetzen und einhalten. Geschieht dies nur unzureichend, so droht ein Vertragsverletzungsverfahren, welches mit ordentlichen Strafzahlungen zu Buche schlagen kann. Gerade im Naturschutz sind solche Vertragsstrafen üblich. Kein Mitgliedsland, allen voran Deutschland, kümmert sich gerne um den Erhalt von wildlebender Flora und Fauna. Daher verwundert es nicht, dass sich aktuell ein weiteres Strafverfahren gegen Deutschland anbahnt. Der Grund ist diesmal die ungenügende Sicherung der Natura 2000 Gebiete.

Bildquelle: Deutschlands Natur

Das Netz Natura 2000 besteht aus den Gebieten der Fauna-Flora-Habitatrichtlinie (FFH-Richtlinie, vom 21. Mai 1992, 92/43/EWG) und der Vogelschutzrichtlinie (vom 2. April 1979, 79/409/EWG). Die sogenannten FFH-Gebiete werden auch als Gebiete gemeinschaftlicher Bedeutung (GGB) bzw. Special Areas of Conservation (SAC) bezeichnet. Die Vogelschutzgebiete werden als besondere Schutzgebiete bzw. Special Protected Areas (SPA) bezeichnet. Sie werden nach EU-weit einheitlichen Standards ausgewählt und unter Schutz gestellt.

Im originalen Wortlaut seitens Europäischer Union heißt es dazu:

Die Europäische Kommission fordert Deutschland nachdrücklich auf, seinen Verpflichtungen aus der Richtlinie 92/43/EWG des Rates zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen nachzukommen. Die Mitgliedstaaten müssen besondere Schutzgebiete mit spezifischen Erhaltungszielen und den entsprechenden Erhaltungsmaßnahmen ausweisen, um einen günstigen Erhaltungszustand der vorhandenen Arten und Lebensräume zu erhalten oder wiederherzustellen. Die Frist für die Vollendung dieser Maßnahmen für alle Gebiete in Deutschland ist in einigen Fällen vor mehr als zehn Jahren abgelaufen. Daher übermittelte die Kommission 2015 ein Aufforderungsschreiben und 2019 nach langwierigen Gesprächen mit dem Mitgliedstaat ein ergänzendes Aufforderungsschreiben. Die Kommission ist der Auffassung, dass bei allen 4606 Natura-2000-Gebieten, in allen Bundesländern und auf Bundesebene, eine generelle und fortbestehende Praxis zu beobachten ist, keine ausreichend detaillierten und quantifizierten Erhaltungsziele festzulegen. Dies hat erhebliche Auswirkungen auf die Qualität und Wirksamkeit der zu ergreifenden Erhaltungsmaßnahmen. Die Kommission ist ferner der Auffassung, dass Deutschland es versäumt hat, dafür zu sorgen, dass die Behörden in sechs Bundesländern Managementpläne aktiv und systematisch an die Öffentlichkeit weiterleiten. Das Land hat nun zwei Monate Zeit, um zu reagieren. Kommt Deutschland der Aufforderung nicht binnen zwei Monaten nach, kann die Kommission den Fall an den Gerichtshof der Europäischen Union verweisen.

Bedenk man, dass es sich hierbei nur um die Natura 2000-Gebiete handelt, welche gerade mal 15 % der Land- und 45% der marienen Fläche ausmachen, wird erneut deutlich, dass Deutschland in Sachen Naturschutz ein hoffnungsloser Fall ist. Klar, es gibt einzelne Leuchtturmprojekte, die sich auf dem Papier, in der Theorie und in einem modelhaften Versuch klasse bewähren aber in der freien Landschaft, außer- und innerhalb von Schutzgebieten, ist der deutsche Naturschutz am Ende.

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Eine Möglichkeit, den bundesweiten Artenschwund zu verlagsamen (wir reden noch lange nicht von umkehren) wären auskömmlich finanzierte Biologische-, Ökologische- oder Naturschutz Stationen, welche sich der Landschaftspflege, der Beratung von Landwirten (immerhin sind die Agrarwüsten eine der größten Baustellen im Naturschutz) sowie der Umweltbildung widmen.

Aber leider verweigern sehr viele Entscheider und Entscheiderinnen in den Bundesländern jegliche Gespräche. Auch bei grüngeführten Umweltministerien sind dicke Bretter zu bohren. Dabei ist Naturschutz viel zu wichtig, um als Hobby betrachtete zu werden. Laut Angaben von NABU und BUND bräuchte es jährlich 1,5 Mrd. € aus dem EU-Haushalt, um alle europaweiten Naturschutzaufgaben auskömmlich finanzieren zu können. Aber woher das Geld nehmen? Bisher hat es noch keine Verhandlung geschaft, einen eigenen Naturschutzposten in das EU-Budget zu bekommen. Bisher leben wir nur von den Förderungen für die Landwirtschaft. Bildlich gesprochen bekommt der Naturschutz das, was vom Tisch der Landwirtschaft herunterfällt und nach dem Kehren übrigbleibt.

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Ob und wie sich das ändert, zeigt die neue Ausgestaltung der Gemeinsamen Agrarpolitik (mehr Infos hier und hier) der europäischen Union zeigen. Unabhängig davon, stimme ich dem Kollegen Götz Ellwanger vom Bundesamt für Naturschutz zu, um den nationalen Artenschwund zu bremsen, braucht es in allen Bundesländern Strukturen wie Natura 2000-Stationen, die, mit dem entsprechenden finanziellen Hinterland, die Aufgaben zum Wohle von Natur und Landschaft wahrnehmen.